4. Die Bundesschiedskommission hat ihre wesentlichen Entscheidungen auf der Internetseite der Partei veröffentlicht. Im folgendem sollen die Grundsätze der Spruchpraxis der Kommission, soweit sie wesentliche Fragen der Satzung oder des Parteilebens berühren, in kurzer Zusammenfassung dargestellt werden.
Im Rahmen des Eintrittsverfahrens sah sich die Kommission zur Klarstellung veranlasst, dass die 6-Wochen-Frist mit dem Zugang der Eintrittserklärung beim zuständigen Kreisverband beginnt. Dazu reicht der Zugang bei einem Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes aus. Der Fristlauf ist weder davon abhängig, dass der Gesamtvorstand von dem Eintritt Kenntnis erlangt, noch dass der Eintritt parteiöffentlich bekannt gemacht wird. Zuständig für die Entgegennahme der Eintrittserklärung ist nach der Spruchpraxis der Kommission nur der Kreisverband des Wohnsitzes des Eintretenden, was nicht ausschließt, dass die Mitgliedschaft im Rahmen des Eintrittsverfahrens aus triftigen Gründen in Absprache zwischen Mitglied und den betreffenden Kreisverbänden auch in einem anderen Kreisverband geführt werden kann. Die Bundesschiedskommission hat bislang daran festgehalten, dass ein rechtzeitiger Widerspruch gegen die Mitgliedschaft die Entstehung der Mitgliedschaft bis zum Abschluss des Verfahrens aufschiebt. In Hinblick darauf, dass praktisch jedes Mitglied auch durch einen rechtsmissbräuchlichen Widerspruch die Entstehung der Mitgliedschaft über längere Zeit verzögern kann, ist aber in Erwägung zu ziehen, durch die Einräumung von Gastmitgliedschaften und ggfs. durch vorläufige Maßnahmen den Betroffenen, die ungehinderte Teilnahme am Parteileben zu ermöglichen. Die Bundesschiedskommission hat daran festgehalten, dass die Mitgliedschaft nur aus sehr engen sich aus der Satzung und den Grundsätzen der Partei herzuleitenden Gründen versagt werden kann. Es ist Sache des Parteitages im Rahmen der Beschlussfassung über Grundsätze, Grundsatzprogramm und Parteistatuten politische Unvereinbarkeiten für den Erwerb der Mitgliedschaft festzulegen. Eine derartige Unvereinbarkeit besteht nach der Satzung in der Mitgliedschaft in einer anderen Partei.
Ein Schwerpunkt der Tätigkeit der Bundesschiedskommission war die Bearbeitung von Parteiausschlussverfahren. Die Bundesschiedskommission hat einige wenige Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen. In den überwiegenden Fällen deswegen, weil die Mitglieder in erheblicher Weise gegen die Ordnung der Partei verstoßen haben. Aus gegebenen Anlass ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen eines Parteiausschlussverfahrens große Sorgfalt auf die Begründung des Antrages und insbesondere auf die Voraussetzung des schweren Schadens für die Partei zu legen ist, weil die Schiedskommissionen in ihren Möglichkeiten, aus praktischen Gründen und aufgrund ihrer prozessualen Stellung sehr eingeschränkt sind. Soweit die Bundesschiedskommission einige in erster Instanz ausgesprochene Parteiausschlüsse nicht bestätigt hat, so lag das hauptsächlich daran, dass die festgestellten Tatsachen nicht ausreichten, eine so schwere Sanktion wie den Parteiausschluss zu verhängen. Der Maßstab für den Parteiausschluss verringert sich nicht dadurch, dass die Satzung der Partei keine milderen Sanktionsmöglichkeiten gegen Mitglieder vorsieht. Der Parteiausschluss kann auch auf Tatsachen beziehungsweise Verhaltensweisen des Mitglieds gestützt werden, die erst nach Eröffnung des Verfahrens bzw. nach der mündlichen Verhandlung in erster Instanz entstanden sind. Die Satzung enthält eine Lücke hinsichtlich der Konsequenzen aus dem Parteiausschluss für einen etwaigen Wiedereintritt. Sie ist von der Bundesschiedskommission dergestalt geschlossen worden, dass auf entsprechende Anordnung der Kommission der Wiedereintritt nur durch Erklärung gegenüber dem Parteivorstand erfolgen kann.
Im Rahmen der Anfechtung von Wahlen und Beschlüssen spielten überwiegend Einwendungen gegen die ordnungsgemäße Einberufung eine Rolle. Bei Mitgliederversammlungen auf Kreisebene zeigte sich, dass die Mitgliederlisten oft nicht mit der notwendigen Sorgfalt gepflegt worden waren bzw. es diesbezüglich Kommunikationsdefizite zwischen Kreis- und Landesebene gab. Bezüglich der Einberufung von Landesparteitagen war die Kommission mehrfach mit den Fragen befasst, ob und wann Delegierte gewählt werden können. Die Bundesschiedskommission hat in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass es keine feste Amtszeit von Delegierten zum Parteitag oder zu Landesparteitagen gibt. Die Delegierten können von den entsendenden Gliederungen jederzeit abgewählt oder auch durch eine Neuwahl von Delegierten ersetzt werden. Dem gegenüber hat die Landesebene oder Bundesebene nur in den sich aus der Satzung zwingenden ergebenden Fällen das „Recht“ eine Neuwahl der Delegierten zu verlangen. Nach zwei Jahren müssen die Delegierten neu gewählt werden. Zwischenzeitlich kann durch die Neuaufstellung des Delegiertenschlüssels bei einer Veränderung der Zahl der Delegierten für die betroffene Gliederung oder auch bei einer nunmehr zwingend zu berücksichtigen Quotierung eine Neuwahl erforderlich sein. Die Delegierten können notfalls auch noch innerhalb der Vier-Wochenfrist vor dem Parteitag gewählt werden.
Die Bundesschiedskommission hatte bereits in einem älteren Verfahren die Rechtmäßigkeit der Geschlechterquotierung bestätigt. In dem kürzlich entschiedenen Verfahren ist entschieden worden, dass auch bei der Listenaufstellung für Kommunalwahlen in NRW zwingend die Geschlechterquote zu beachten ist, und ein für eine Frau reservierter Listenplatz erst dann mit einem männlichen Kandidaten besetzt werden kann, wenn in einem Wahlgang, in dem nur Frauen zur Kandidatur zugelassen sind, keine Frau die erforderliche Mehrheit, auch nicht in einer Stichwahl erhält. Die Regelung in der Satzung verstößt nicht gegen verfassungs- und wahlrechtliche Bestimmungen. Der Beschluss enthält praktische Ausführungen zur Durchführung der Wahlen, die aus der Wahlordnung abgeleitet wurden, zweckmäßigerweise aber in die Wahlordnung eingearbeitet werden sollten.
Die Bundesschiedskommission hatte sich auch mit mehreren Anträgen aus den Arbeitsgemeinschaften der Partei zu befassen. In Hinblick auf ihr Recht, Delegierte zu den Parteitagen zu entsenden, haben sie nach der Spruchpraxis der Kommission einen vergleichbaren Status wie die regionalen Untergliederungen, mit der Folge, dass Wahlen und Beschlüsse der Arbeitsgemeinschaften auf Anfechtung der Kontrolle der Bundesschiedskommission unterliegen.
Für die Mitgliedschaft und Mitarbeit in einem innerparteilichen Zusammenschluss sind das Parteiengesetz, die Satzung und das Vereinsrecht maßgebend. Da die Satzung der Partei zudem davon ausgeht, dass Zusammenschlüsse selbständig über ihre Arbeitsweise und innere Struktur entscheiden, hält es die Bundesschiedskommission für geboten, dass sich der jeweilige Zusammenschluss auch eine eigene Satzung gibt, in der auch Regelungen zur Streitbeilegung im Zusammenschluss getroffen werden sollten.
Die Bundesschiedskommission hat sich in einer weiteren Entscheidung zu den Zusammenschlüssen mit der Frage befasst, ab welchem Zeitpunkt ein bundesweiter Zusammenschluss gegründet ist und bei der Verteilung von Delegiertenmandaten zu berücksichtigen ist.
Die grundlegende Akzeptanz der Arbeit der Bundesschiedskommission innerhalb der Partei kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass erfreulicher weise keine ihrer Entscheidung im Nachgang vor einem ordentlichen Gericht angefochten worden ist.