Sofortinformation - Sitzung am 21. Februar 2011
Liebe Genossinnen, liebe Genossen, in der aktuellen Verständigung beschäftigte sich der Parteivorstand zunächst mit dem Wahlausgang in Hamburg. Der Parteivorstand begrüßte und beglückwünschte die Spitzenkandidatin Dora Heyenn sowie die Landessprecherin Karin Haas und den Landessprecher Herbert Schulz, die eigens aus Hamburg angereist waren. An sie ging stellvertretend ein großes Dankeschön, denn der stabile Wieder-Einzug in die Hamburger Bürgerschaft ist ein ausgezeichneter Auftakt für alle Wahlen, die in diesem Jahr noch vor uns liegen.
Dora Heyenn bedankte sich bei all jenen, die die Hamburger LINKE unterstützt haben. Der Wahlkampf war nicht leicht, er war kurz und angesichts der winterlichen Temperaturen vor allem kalt. Die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer haben Tag und Nacht gearbeitet.
In Hamburg hat vor allem ein Kampf zwischen zwei Personen – Dieter Ahlhaus und Olaf Scholz – stattgefunden. DIE LINKE hat sich in dieser Situation auf die Oppositionsrolle festgelegt. Mit einem Bürgermeister, der Architekt der Agenda 2010 ist und sich davon auch nicht distanziert, werden wir keine gemeinsame Sache machen. Das Wahlergebnis zeigt: DIE LINKE ist von den Wählerinnen und Wählern gewollt.
Der Parteivorstand bittet alle Genossinnen und Genossen, Sympathisantinnen und Sympathisanten, den Schwung und Optimismus der Hamburg-Wahl zu nutzen, damit wir auch in Sachsen-Anhalt, in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz sehr gute Ergebnisse erreichen. Die Bundesgeschäftsstelle wird auch bei diesen Wahlkämpfen alles dafür tun, die wahlkämpfenden Landesverbände nach Kräften zu unterstützen.
Im Anschluss befasste sich der Parteivorstand mit den Anti-Nazi-Blockaden am 19. Februar in Dresden. Der Parteivorstand dankte allen, die an der Vorbereitung beteiligt gewesen und die selbst nach Dresden mitgefahren sind. Ein ausdrücklicher Dank galt auch der guten Zusammenarbeit mit dem Jugendverband und dem SDS. Die Proteste waren bunt, vielfältig, phantasievoll und weitgehend friedlich. Vor allem aber waren sie erfolgreich. Der Parteivorstand beglückwünscht in einer Erklärung alle Antifaschistinnen und Antifaschisten zum großen Blockadeerfolg. Die Nazis, die europaweit nach Dresden mobilisiert hatten, mussten unverrichteter Dinge abreisen. Entschieden verurteilt DIE LINKE das teilweise unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten am Tage und die brutale Stürmung der Dresdner Stadtgeschäftsstelle unserer Partei am Abend nach der erfolgreichen Verhinderung des Naziaufmarsches. DIE LINKE distanziert sich von aller Form von Gewalt.
In der aktuellen Verständigung diskutierte der Parteivorstand den faulen Hartz-IV-Kompromiss der Hartz-IV-Parteien im Ringen um den Regelsatz. Dazu wurde eine Erklärung verabschiedet, in der unsere Forderungen nach einer sanktionsfreien Mindestsicherung, nach einem Mindestlohn von zehn Euro die Stunde und nach einem Regelsatz von 500 Euro in dieser Legislaturperiode bekräftigt werden. Nach mehrwöchigen Verhandlungen haben sich CDU, CSU, SPD und FDP im Ringen um den Hartz-IV-Regelsatz geeinigt. Die Verkündung dieser Einigung nur wenige Stunden nach der Schließung der Hamburger Wahllokale zeigt, dass die beteiligten Parteien die Wählerinnen und Wähler bewusst täuschen wollten, weil sie ihre wahlpolitischen Interessen über die Belange der Betroffenen stellen. Der Parteivorstand stellte fest, dass die geplante rückwirkende Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes um nur fünf Euro völlig ungenügend und eine Verhöhnung der Betroffenen ist. Außerdem entspricht sie nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Statt eines verfassungskonform ermittelten Regelsatzes wurden haushaltspolitische Gesichtspunkte in den Vordergrund gestellt. Die Korrektur des schwarz-gelben Regelsatzes um drei Euro im nächsten Jahr ist für die Betroffenen faktisch keine Erhöhung. Diese drei Euro holen allein einen ausgelassenen Inflationsausgleich nach. Die SPD hat für die Betroffenen damit keine zusätzliche Erhöhung erreicht. Dieser Kompromiss – ein Kompromiss zulasten der betroffenen Erwerbslosen und Beschäftigten – ist vorsätzlicher Verfassungsbruch. DIE LINKE wird dem nicht zustimmen und eine erneute Überprüfung vor dem Bundesverfassungsgericht unterstützen.
Im Rahmen der Diskussion von Schwerpunkten der Programmdebatte hat sich der Parteivorstand mit dem sozial-ökologischen Umbau und der Wachstumsdebatte beschäftigt. Das Vorstandsmitglied Wolfgang Methling führte in die Diskussion ein und als Gäste sprachen die Berliner Umweltsenatorin Katrin Lompscher sowie der ver.di-Wirtschaftsexperte Dierk Hirschel zum Thema.
Wolfgang Methling hob den hohen ökologischen Anspruch der LINKEN hervor. Er betonte, dass eine linke, eine sozialistische Partei zugleich eine ökologische Partei sein müsse. Es ist wichtig, alle Bereiche der Politik auch mit der ökologischen Frage zu verbinden. Eine Gesellschaft, in der Profit und Verwertung oberste Priorität haben, kann nicht ökologisch sein, es gibt keinen grünen Kapitalismus. Der Programmentwurf ist eine gute Grundlage, es gibt einen grünen Faden, der sich durch das rote Programm zieht, ein programmatischer Fortschritt ist die Zentralität der ökologischen Frage.
Dierk Hirschel stellte unter anderem fest, dass Wirtschaftswachstum ökologischer Nachhaltigkeit nicht entgegenstehen muss. Durch einen Strukturwandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft besteht die Chance, auf einen ressourcenschonenden Entwicklungspfad einzuschwenken. Bisher ist Deutschland nicht in der Lage, technologischen Fortschritt und sozialen Fortschritt miteinander zu koppeln. Die Grünen verstehen unter sozial-ökologischem Umbau in erster Linie Ordnungspolitik, ökologisch-sozialer Umbau aber erfordert mehr. Die öffentliche Beschaffung, öffentliche Vergabe muss an ökologisch-soziale Kriterien geknüpft, ökologischer Umbau immer auch demokratisch begleitet und mit sozialen Fragen verbunden werden.
Katrin Lompscher forderte, soziale Gerechtigkeit um den Passus der natürlichen Lebensverhältnisse zu erweitern, in die soziale Gerechtigkeit das Element der Umweltgerechtigkeit mit einzufügen. Auch bei der Verteilung von Umweltgerechtigkeit gibt es eine Schieflage. Die Frage ist, welche Rahmensetzung die Politik in Richtung wirtschaftliches Handeln auf den Weg bringen kann. Gerade bei umweltgesetzlichen Vorhaben stößt man schnell an Gerechtigkeitsgrenzen, zum Beispiel beim Thema Umweltzonen. Dieses konkrete Beispiel zeigt, dass auch bei einem erstrebenswerten Ziel wie der Luftverbesserung die Fragen der sozialen Realität – wer kann sich den Neukauf oder die Umrüstung seines Autos überhaupt leisten – mitgedacht werden müssen. Sozial-ökologischer Umbau der Gesellschaft setzt voraus, dass die Gesellschaft das will.
Die Ergebnisse der Diskussion werden von der Redaktionskommission berücksichtigt.
Mit solidarischen Grüßen
Caren Lay und Werner Dreibus