Warum Seminare ZIMT brauchen
Harald Werner
Harald Werner
Viele Organisationen mit systematischer Bildungsarbeit, wie etwa die Gewerkschaften, versuchen ihre Seminare nach bestimmten pädagogischen Regeln zu planen. Vor allem durch die Vorgabe von Lernzielen und Lernmethoden sollen die Seminare eine vergleichbare Struktur und Lernkontrolle erhalten. Man begnügt sich nicht mit Überschriften oder groben Inhaltsangaben, sondern möchte möglichst genau beschreiben was und wie gelernt werden kann. Gerade wenn Seminare auf die Selbsttätigkeit der Teilnehmenden ausgerichtet werden, benötigt man überprüfbare Lernziele und ihnen entsprechende Materialien, damit die geforderte Flexibilität nicht in Beliebigkeit mündet. Wer den Frontalunterricht überwinden will, braucht nicht weniger, sondern mehr und vor allem andere Planungen. In der Arbeitsgruppe Grundlagen der Kommission politische Bildung ist deshalb ein Planungsmuster entwickelt worden, das wir ZIMT nennen. Nach diesem Muster soll für jede Lerneinheit möglichst genau das Lernziel =Z, der Inhalt des Lernabschnitts = I, das dafür benötigte Lernmaterial = M und die vorgeschlagene Tätigkeit von Lehrenden und Lernenden, nämlich = T beschrieben werden. Dazu ein Beispiel, wie die ersten beiden Lernschritte bei einer Lerneinheit zur Krise aussehen könnten.
Lernziel = Z | Inhalt = I | Material = M | Tätigkeit = T |
Begreifen, dass der Produktionsprozess bestimmte Proportionen für die Reproduktion des Kapitals und der Arbeitskraft erzeugen muss,damit die Produktion kontinuierlich fortgesetzt werden kann | Die organische Zusammensetzung des in der Produktion eingesetzten Kapitals und die Bedingungen der einfachen Reproduktion von Kapital und Arbeit | 3Stelltafeln, Moderationskoffer, Schaubilder, Lesetext, | Wandzeitungsarbeit, gemeinsames Lesen Lehrgespräch, praktische Übung in Arbeitsgruppen |
Den Begriff und die Ursachen der Überakkumulation verstehen | Die Erhöhung des Mehrwerts als Ziel, aber auch als Grenze der kapitalistischen Produktion | Beamer, Powerpoint-Präsentation, Statistisches Material | Präsentation mit Lehrgespräch, Diskussion der Statistiken in AGs |
Für gewöhnlich werden in Seminarplänen lediglich Themenüberschriften verfasst und anschließend Texte oder grafische Darstellungen und Bilder vorgegeben. Ein Thema erschließt sich jedoch erst über mehrere Lernschritten oder so genannte Lernzielen, die bei der Planung genau analysiert werden müssen, um nicht „das Pferd von hinten aufzuzäumen“ oder unbekannte Gesetzmäßigkeiten mit unbekannten Begriffen zu erklären. Das Wichtigste ist deshalb, die logische Reihenfolge der Lernziele zu finden, für sie geeignete Inhalte zu finden und zu überlegen, welche konkreten Materialien die Inhalte vermitteln können. Erst dann sollte man entscheiden, welche Tätigkeiten Lernende und Lehrende ausüben könnten.
Es gehört eine gewisse Übung dazu, solche ZIMT-Papiere auszuarbeiten, aber auch um sie zu verstehen. Was damit zusammenhängt, dass wir gewohnt sind, Seminarkonzepte wie Buchgliederungen nach Überschriften oder Stichworten zu ordnen. Das mag für die persönliche Vorbereitung ausreichen, weil sich die Stichworte im eigenen Denken mit entsprechenden Gedankenkombinationen verbinden. Will man jedoch eine Seminarplanung für andere entwickeln, müssen die Stichworte oder Überschriften durch theoretische Begriffe und Definitionen ersetzt werden. Nur bei der Benennung des Materials und der vorgeschlagenen Tätigkeit für Lernende und Teamer kann man sich auf Stichworte beschränken, die sich gewissermaßen von selbst erklären.