Blick zurück nach vorn
Kämpferischer Aufbruch, lange Verhandlungen, geglückte Vereinigung von PDS und WASG. Gründerinnen und Gründer erinnern sich und blicken in die Zukunft
Klaus Ernst: Orientierung an der Gründungsidee der LINKEN!
Die SPD wandte sich mit der Politik Gerhard Schröders als Bundeskanzler immer mehr von ihren identitätsbildenden Grundpositionen ab und rückte nach rechts. Die PDS wurde zu dieser Zeit insbesondere im Westen in erster Linie als Ostpartei und SEDNachfolgepartei wahrgenommen und kaum gewählt. Sie scheiterte 2002 an der Fünf-Prozent-Hürde und war nur mit zwei direkt gewählten Abgeordneten im Bundestag vertreten.
Das entstandene politische Vakuum links der SPD galt es zu füllen. Es gründete sich der Verein »Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit «, um Menschen Gelegenheit zu geben, linke Positionen im politischen Spektrum einzubringen.
Der gemeinsame Wahlantritt bei der Bundestagswahl 2005 – die Linkspartei.PDS öffnete ihre Listen für Mitglieder der WASG – war ein wesentlicher Schritt hin zur Gründung der Partei DIE LINKE 2007. Dank Persönlichkeiten wie Gregor Gysi und Oskar Lafontaine und dem Einzug in den Bundestag 2005 mit 8,7 Prozent entstand eine große mediale Aufmerksamkeit und Aufbruchstimmung für linke Politik. Kernanliegen der neuen Partei war es, eine sozialpolitische Wende herbeizuführen und für eine friedliche Außenpolitik zu sorgen. Viele Menschen konnten wieder für Politik gewonnen und die Gewerkschaften ein Stück weit aus der Umklammerung der SPD befreit werden. Die Gründung der LINKEN war politisch notwendig und richtig.
Es erwies sich jedoch als schwierig, dass sich die Mitglieder der Vorgängerorganisationen mit ihrer vollkommen unterschiedlichen politischen Sozialisierung und Erfahrung auf das neue Projekt einlassen. Die Befürchtungen gingen von Macht- bis Identitätsverlust. Interne Querelen führten zu sinkenden Umfragewerten und abnehmender Strahlkraft.
Auch die einstige Hoffnung, die SPD nach links zu treiben, bewahrheitete sich nicht. Hartz IV wurde nicht abgeschafft, Kriegseinsätze, Altersarmut sowie eine wachsende Ungleichheit bei Vermögen und Einkommen sind Realität.
2017 gilt es vor allem angesichts des Erstarkens der Rechten neu nachzudenken, wie die Lebenswirklichkeit der vielen Menschen, die sich von der gegenwärtigen Politik nicht mehr vertreten fühlen, deutlich verbessert werden kann. Das geht nur in Bündnissen. Der Wert der LINKEN muss für die Menschen sichtbar werden, indem sie in diesen Bündnissen gemeinsam mit den sozialen Bewegungen die soziale und friedenspolitische Kraft ist, die diesen Politikwechsel einfordert, aber auch ermöglicht. Ob denkbare Partner dazu bereit sind, muss sich noch zeigen
Klaus Ernst ist Bundestagsabgeordneter der LINKEN und war Mitgründer der WASG.
Janine Wissler: Grundsätzliche Kritik am Kapitalismus offensiv(er) formulieren
Im April 2004 nahm ich das erste Mal an einem Treffen der »Initiative Arbeit und soziale Gerechtigkeit« teil, die einige Wochen später mit der »Wahlalternative 2006« die WASG gründete. Was ich damals so spannend fand, war, dass es in den Gewerkschaften infolge der Agenda 2010, der Hartz-Gesetze und der Proteste dagegen einen breiteren Loslöseprozess von der SPD gab mit der Perspektive einer neuen linken Partei.
Mit der Gründung der LINKEN ist es gelungen, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine relevante gesamtdeutsche Partei links der SPD aufzubauen. Ein großer Fortschritt – auch im Vergleich zu vielen anderen Ländern, in denen die Linke zersplittert ist. Mit der Partei DIE LINKE haben sich Linke aus unterschiedlichen Strömungen und Traditionen, mit Erfahrungen aus verschiedenen Parteien und Organisationen unter einem Dach zusammen gefunden.
Was uns eint, ist der Wunsch nach einer besseren, einer solidarischen und friedlichen Gesellschaft. Über den Weg dorthin diskutieren und streiten wir gemeinsam. Diese Pluralität macht die Partei so spannend – und oft auch anstrengend. Weil man sich miteinander auseinandersetzen und einen Konsens finden muss oder manchmal auch nur eine Sprachregelung.
Trotz vieler Schwierigkeiten ist es gelungen, eine Partei aufzubauen, die die neoliberale Hegemonie und die angebliche Alternativlosigkeit im politischen Diskurs aufgebrochen und klare Alternativen formuliert hat, in den Parlamenten und außerhalb. Gerade angesichts des Erstarkens der Rechten in Deutschland und vielen anderen Ländern Europas, ist es wichtig, dass es eine Partei gibt, die am Unmut der Menschen anknüpft und linke, internationalistische Antworten und Perspektiven bietet.
Es muss auch zukünftig unsere Aufgabe und unser Selbstverständnis sein, dem Unmut über die herrschenden Verhältnisse eine vernehmbare Stimme zu geben und in den sozialen Bewegungen verankert zu sein. Denn wir werden die Gesellschaft nicht allein durch Wahlerfolge und Parlamentsarbeit verändern, dazu braucht es gesellschaftlichen Druck.
DIE LINKE muss den Menschen konkrete und greifbare Vorschläge machen, gemeinsam mit ihnen um Verbesserungen kämpfen und dabei die Vision einer grundsätzlich anderen Gesellschaft nicht aus den Augen verlieren. Unsere grundsätzliche Kritik am Kapitalismus sollten wir offensiv(er) formulieren – angesichts der ungerechten Verteilung von Reichtum und den zerstörerischen Auswirkungen dieses Wirtschaftssystems.
Janine Wissler ist Vorsitzende der LINKEN Landtagsfraktion in Hessen und stellvertretende Parteivorsitzende.
Anny Heike: Und wir würden es wieder tun …!
Mit dem Abstand von zehn Jahren sage ich mit Überzeugung: die Gründung der LINKEN war richtig. Ich bin überzeugt: für zwei linke Parteien wäre in diesem Land kein Platz gewesen – zumindest nicht mit mehr als fünf Prozent.
Es ist mir und anderen nicht leicht gefallen, eine unter schweren Bedingungen gegründete WASG in einem neuen Projekt aufgehen zu lassen. Schließlich steckte in dieser Parteigründung viel Herzblut. Jede Menge Widerstände waren zu überwinden. Wir sind ja nicht nur von Teilen der Gewerkschaften massiv angefeindet worden; das hat sich leider noch nicht wesentlich gebessert.
Ob die Gründung der LINKEN wirklich was gebracht hat? Haben wir die Gesellschaft denn verändert? Das war ein Antrieb für mich, die LINKE mitzugründen.
Ja – wir haben die Debatte in diesem Land verändert, an linken Positionen kommt man nicht mehr vorbei. Ohne uns gäbe es zum Beispiel keinen Mindestlohn, es würde nicht über soziale Gerechtigkeit diskutiert, wenn wir auch noch weit davon entfernt sind. Es wird wieder über die Einführung der Vermögenssteuer geredet oder über höhere Renten. Es wird endlich über die unsäglichen Arbeitsbedingungen von Pflegepersonal diskutiert. Wir werden als einzige Partei wahrgenommen, die konsequent gegen prekäre Beschäftigung und für Frieden eintritt, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Links wirkt: Oftmals werden manche unserer Ideen erst abgelehnt und dann nach einer Schamfrist von den anderen Parteien als ihre eigenen Anträge eingebracht. – von den Kommunalparlamenten bis zum Europäischen Parlament. Das kann frau als Erfolg sehen. Aber es reicht nicht für eine andere Politik.
Wir müssen immer diejenigen sein, die die Finger in die Wunde des Kapitalismus legen. Wir müssen klar machen, dass Reichtum ungleich verteilt ist und das dies grundlegend geändert werden muss.
Linke Politik hat Zukunft. Es liegt an uns, das nicht zu vermurxen. Dazu gehört mehr Klarheit, mehr Profi l. Dazu gehört auch mehr politische Bildung für unsere Aktiven und natürlich für unsere Mitglieder.
Ein klares Defizit ist immer noch der Frauenanteil in der Partei. Die Quotierung bei der Aufstellung von KandidatInnen für Gremien finde ich immer noch richtig. Aber was tun wir eigentlich dafür, verstärkt Frauen für unsere Partei zu gewinnen und zu begeistern. Auch da haben wir noch vieles zu tun. Jetzt höre ich wieder den Aufschrei »Aber wir machen doch alles! « – anscheinend aber nicht genug. Nicht jede Sitzung ist wirklich dazu angetan, dass Frauen sich angesprochen oder ernstgenommen fühlen. Allerdings müssen auch die Genossinnen aus ihrer Kuschelecke herauskommen und Courage zeigen.
Wenn wir begeistert sind und brennen für eine linke Idee, sozial, gerecht und friedlich, dann wird es auch was mit uns und einer LINKEN Politik
Anny Heike war 2004 einziges weibliches Gründungsmitglied der Initiative Arbeit und soziale Gerechtigkeit.
Elke Reinke: Kampf gegen die Agenda 2010 bleibt Hauptanliegen
Als die Hartz-Gesetze als Entwurf vorlagen, organisierte ich mit MitstreiterInnen vor Ort Informations- und Protestveranstaltungen. »So schlimm wird es schon nicht kommen«, meinten viele, und es kam noch schlimmer.
Vor zehn Jahren war ich Mitglied der Quellpartei WASG, der ich 2004 beitrat, als diese noch der Verein Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit war. Hier fand ich all unsere politischen Forderungen wieder. 2005 überschlugen sich die Ereignisse, es gab vorzeitige Bundestagswahlen, Oskar Lafontaine verlies die Agenda-SPD, die WASG wurde eine Partei, es kam der gemeinsamen Wahlantritt von WASG und PDS. Über die Landesliste Die Linke.PDS, kam ich als Erwerbslose in den Bundestag (2005–2009). In dieser aufregenden Zeit konnte ich mich auch parlamentarisch in den Kampf für Frieden und soziale Gerechtigkeit einmischen. PDS und WASG waren die, die von Anfang an Agenda 2010 und Hartz IV den Kampf angesagt haben. Dieses neue linke Projekt gab denen, die um ihre Arbeitsplätze bangten, und denen, die erwerbslos waren, die Zuversicht, eine Kraft an ihrer Seite zu haben, die ihre Interessen vertritt, parlamentarisch sowie außerparlamentarisch. Meine Leute aus der Erwerbslosenbewegung gaben mir diesen wichtigen Satz mit auf den Weg: »Versaut das nicht mit der neuen Linken.« Es folgten kontroverse Auseinandersetzungen und viele engagierte MitstreiterInnen der ersten Stunde haben sich zurückgezogen. Eines war klar, eine linke Kraft, die auch bundespolitisch agieren kann, gibt es nur im Miteinander von WASG und PDS.
DIE LINKE ist die einzige Partei, die für ein gutes Leben mit, aber auch ohne Erwerbsarbeit steht, für Teilhabe und Würde bei Krankheit, Behinderung und im (Renten)Alter.
Ob als Bundestagsabgeordnete, Kommunalpolitikerin oder als Bundessprecherin der BAG Hartz IV, der Kampf gegen Agenda 2010 und die Abschaffung von Hartz IV war, ist und bleibt eines der Hauptanliegen meiner politischen Arbeit. Und ich werde auch nicht nachgeben und meine GenossInnen weiterhin auffordern, am Gründungskosens festzuhalten und konsequent mit der Hartz-Logik zu brechen, die Beschlüsse von 2012 umzusetzen und endlich ein abgestimmtes Konzept vorzulegen, damit gewährleistet ist, dass kein erwachsener Menschen in unserem Land mit weniger als 1.050 Euro netto im Monat auskommen muss und jedes Kind eine Grundsicherung erhält.
Eine starke Linke ist und wird immer wichtiger, in Zeiten, der massiv voranschreitenden sozialen Spaltung unserer Gesellschaft, des beängstigenden weltweiten Rechtsrucks und der zunehmenden Kriegsgefahr.
Elke Reinke ist Sprecherin der BAG Hartz IV.
Lars Kleba: Aus zwei mach Deins
16 Jahre nach der deutschen Einheit baute sich die Linke eine neu gestaltete Heimat auf. Eine Heimat, die aus den Kulturen Ost und West kommt. Und die aus mehr als zwei Parteien entstehen soll. Es sollte was Neues werden: Eine Partei DIE LINKE.
DIE LINKE war und ist für mich ein hoffnungsvolles, spannendes, nicht einfaches politisches Parteiprojekt, um den Anforderungen im Kampf für soziale Gerechtigkeit, Frieden und zukunftsorientiertes Handeln gerecht zu werden. Eine Linke, die sich in der deutschen Geschichte in der Regel immer weiter gespalten hat, schafft es in einer neuen Epoche, zusammenzukommen und gemeinsam zu erstarken. Das gibt Hoffnung und Kraft für die politische Alltagsarbeit.
Es gab und gibt unheimlich viele Gründe, Mitglied der LINKEN zu werden. Es gibt bestimmt so viele Eintrittsgründe, wie es Mitglieder in der Partei gibt. Und darum gibt es auch sicher einige Tausend Eintrittsgründe für diejenigen, die noch nicht drin sind, aber gewinnbar wären. Manchmal braucht man nur einen Anlass. Das war im Juni 2007 der Gründungsparteitag.
Ich erinnere mich sehr gern an die Kisten voller Eintrittserklärungen und Postwagen voller Begrüßungsschreiben. Die Hälfte der MitarbeiterInnen in der Bundesgeschäftsstelle war in den Prozess mit eingebunden. Die Stimmung begeisternd und teils euphorisch.
Viele der Neuen haben für sich den 16. Juni zum symbolischen Datum für den Aufbruch einer geeinten Linken erklärt und angekündigt, zu diesem Termin der neuen Partei beitreten zu wollen. Warum sollte dieser Tag nicht auch für uns und viele andere ein solcher Stichtag sein? »Aus zwei mach eins – Deins«, formulierte ein Genosse in der Koordinierungsgruppe Mitgliederentwicklung.
Und ich erinnere mich an die Aktion 16 aus 16 – gemeinsam standen neue Mitglieder aus allen Bundesländern auf der Bühne des Gründungsparteitages unter dem Beifall der vielen Delegierten und Gäste. Ein bewegender Moment.
Lars Kleba, arbeitete von 2006 bis 2012 im Karl-Liebknecht Haus und beschäftigt sich intensiv mit Parteientwicklung und Kampagnenarbeit.
Claus-Dieter König: Bestehen auf der sozialen Frage
Wir feiern zehn Jahre DIE LINKE. Wir feiern 50 Jahre Erscheinen von Johannes Agnolis »Transformation der Demokratie«. Agnoli und Wolfgang Abendroth waren damals Pole einer innerlinken Diskussion zu Staat und Demokratie, deren Konsens und Differenzen auch heute einen guten Spiegel liefern, in dem sich DIE LINKE selbst betrachten sollte.
Für Abendroth lässt das Grundgesetz (GG) die Entscheidung des Souveräns, also der Bevölkerung, für eine sozialistische Wirtschaftsordnung zu und so könne es als Instrument der Transformation genutzt werden. Er versteht das GG als Ergebnis eines durch den parlamentarischen Rat vermittelten Klassenkompromisses, der durch die gesellschaftlichen Kräfte und Bewegungen ausgefochten wurde. Und so versteht er auch als Triebkräfte der potentiellen Transformation die Arbeiterbewegung, politisierte Gewerkschaften sowie eine Erneuerung und Modernisierung des Klassenbewusstseins. Linke Parteien braucht es, um die Transformation im verfassungsrechtlichen Rahmen durchzusetzen.
DIE LINKE entstand aus einem Aufflammen von sozialer Bewegung, vor allem Massenprotesten gegen den Sozialabbau von Hartz IV. Dass sich in ihrer Folge eine neue Partei dauerhaft im Parlament etablieren konnte, beweist die Stärke dieser Bewegung. Deshalb war es nötig und richtig, DIE LINKE zu gründen. Ihr Bestehen auf der sozialen Frage als zentral ist folglich ihr »Markenkern«. Was sie gebracht hat, kommunal, in Landesregierungen und Opposition, ist vor allem sozialpolitischer Natur.
Nun aber Agnoli: Er beobachtete, dass sozialistische und kommunistische Parteien durch ihre Beteiligung am Parlamentarismus und Regierungen ihren oppositionellen Charakter verlieren. Er kritisierte die Fokussierung auf die Parlamentsarbeit und beobachtete, dass die Form einer Partei im parlamentarischen System Karrierismus und den Verlust ihrer emanzipatorischen Qualität erzeugt und Parteien in Integrationsapparate verwandelt.
Die Aussichten linker Politik hängen also davon ab, wie es innerhalb der Partei gelingt, sich dieser Tendenz zu widersetzen und zum Beispiel Strömungen nicht als Karrierenetzwerke sondern als Diskursräume und ihre Konflikte als Kampf nicht um Posten, sondern um Inhalte und Positionen zu nutzen. Wichtiger noch, darin waren sich Abendroth und Agnoli grundlegend einig: Es muss außerhalb von Partei und Parlament gelingen, lebendige demokratische Kräfte aufzubauen und zu Handelnden gesellschaftlicher Transformation zu machen. Populismus eignet sich dafür übrigens nicht, denn er hält die Angerufenen passiv und befähigt nicht zum Handeln.
Claus-Dieter König war 2006/2007 Landesvorsitzender der Linkspartei.PDS in Rheinland-Pfalz und danach Mitglied des Übergangs-Landesvorstandes DIE LINKE.
Hans Decruppe: Wirkungsfenster im Westen bisher nicht effektiv genutzt
Zehn Jahre DIE LINKE. Das ist für mich ein Blick zurück mit Freude. Ein historischer Zusammenschluss nicht nur zwischen WASG und PDS. Bei uns im Westen vor allem eine Sammlung und ein spezifischer, originärer Zusammenschluss linker und marxistischer Kräfte mit äußerst unterschiedlichen Herkünften, Kulturen und Politik- und Selbstverständnissen, häufig zerstritten und in Teilen eitel, dogmatisch engstirnig und unfähig zu konstruktiver Kooperation. Andererseits von Kräften mit zum Teil beachtlicher Erfahrung und tragender Relevanz in politischen Bündnissen im außerparlamentarischen Bereich, in den Gewerkschaften, in der Friedens-, Umwelt- und Frauenbewegung; allesamt dagegen im parlamentarischen Bereich marginalisiert und ohne große politikgestaltende Relevanz.
Der Aufbruch der WASG und die Fusion mit der PDS gestaltete dieses Spektrum im Westen grundlegend um. Nicht ohne Widersprüche und politische Rückschläge aber unumkehrbar wurde ein Fenster für neue politische Wirkungsmöglichkeiten geöffnet. Es war keine Ausweitung der PDS nach Westen, wie einige hofften und politische Gegner diffamierten, es war ein historisch überfälliger Schritt. Die alte Bundesrepublik hatte es verstanden, ein starkes linkes »Zentrum« zu verhindern. Der Zusammenbruch des staatlich verstandenen Sozialismus leninistischer Prägung und der scheinbare Siegeszug des Kapitalismus im neoliberalen Gewand, schufen die Voraussetzungen.
Dass sich die rechte Sozialdemokratie mit New Labour und der Agenda 2010 diesem Prozess andiente und sozialstaatliche Errungenschaften in Frage stellte, brachte auch für viele sozialdemokratisch orientierte Linke die Erkenntnis, dass eine politische Neuformierung unabdingbar ist. Für mich ist enttäuschend, dass DIE LINKE im Westen das Fenster der neuen Wirkungsmöglichkeiten bislang nicht effektiv genug genutzt hat. Mein Landesverband hat politisch Lehrgeld gezahlt und deutlich dazu gelernt. Als Gewerkschafter bin ich auch nicht zufrieden mit der betrieblichen und gewerkschaftlichen Verankerung unserer Partei. Hier gibt es Bedarf und einigen Nachholbedarf. Unverzichtbar für eine Partei, die soziale Gerechtigkeit für alle auf ihre Fahnen geschrieben hat.
Hans Decruppe ist Fraktionsvorsitzender DIE LINKE im Kreistag Rhein-Erft.