Disput

Die Mühe hat sich gelohnt

DIE LINKE hat viel erreicht. Und doch würde es ihr gut tun, wenn sie sich öfter an den Moment des Aufbruchs vor zehn Jahren erinnern würde

Von Bodo Ramelow

Offen gestanden muss ich mir selbst die Augen reiben bei der Vorstellung, dass es schon zehn Jahre her ist, dass wir gemeinsam die neue Partei DIE LINKE gegründet haben. Es war ein langer Weg bis zu jenem 16. Juni 2007, an dem die Vereinigung von PDS und WASG vollzogen wurde zur neuen Partei DIE LINKE über die Lothar Bisky in seiner Rede sagte: »Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, die neue Linke wird eine Linke mit Eigensinn und Lebensmut, mit Leidenschaft und Vernunft, mit Menschen aus unterschiedlichen Denktraditionen, anderen politischen Erfahrungen, durchaus verschiedenen Kulturen.«

Er hatte recht. Zugegeben, als Verantwortlicher der Linkspartei.PDS für den Vereinigungsprozess hatte ich nach drei Jahren Arbeit für diese Vereinigung mehr als eine Vorstellung davon, was Lothar Bisky mit der Charakterisierung des Pluralismus in der LINKEN meinte. Zum einen stehe ich selbst als ehemaliger Gewerkschaftssekretär, der aus Hessen 1990 nach Thüringen kam, für die vielen Menschen, die nach 1990 im Prozess des Zusammenwachsens von Ost und West viel über Unterschiede und Gemeinsamkeiten gelernt haben. Zum anderen war mir auch bewusst, welche Chance in einer Bündelung der politischen Kräfte links der SPD liegt. Konnte man die PDS lange als ostdeutschen Sonderfall belächeln, so ging das nun nicht mehr. Eine Aufbruchstimmung machte sich breit, weit über unsere Partei hinaus. Gewerkschafter, Künstler, Aktivisten, sie alle verbanden mit der Entstehung der neuen Partei eine Hoffnung auf veränderte Kräfteverhältnisse in diesem Land.

Konstantin Wecker, der übrigens zum zehnten Geburtstag unserer Partei am 16. Juni 2017 in Erfurt bei »Thüringen rockt« singen wird, sagte damals: »… bin ich gerne heute hier, weil ich der festen Überzeugung bin, dass diese neue LINKE eine geradezu unerlässliche demokratische Notwendigkeit ist. Und ich wünsche uns allen, dass diese junge Partei sich bewegt und vor allem eine Bewegung bleibt und kein seelenloser Apparat wird. Dass diese Partei von Menschen beseelt wird, Menschen, die ein großes und mitfühlendes Herz haben für alle Ausgegrenzten, für die seitlich Umgekippten, für alle Opfer eines hemmungslos gierigen unmenschlichen und kriegerischen Neoliberalismus.«

Er hat einen hohen Anspruch formuliert, und ich denke, wir sollten uns diesen Anspruch auch immer wieder vor Augen halten. Als Ministerpräsident weiß ich, wie viele von euch, auch um die Mühen des Alltags, wenn es darum geht, aus politischen Zielen, konkrete Politik zu formulieren und die dann auch umzusetzen. Nur muss es uns doch genau darum gehen.

Zugegeben: Ich hatte auf dem Weg bis zum 16. Juni 2007 auch Zweifel, ob wir es schaffen können. Wenn es irgendwo hakte, wenn es nicht voran ging, dann konnte auch mich mal der Optimismus verlassen. Aber heute, zehn Jahre später sage ich: Die Mühe hat sich gelohnt.

Wir sind heute die drittstärkste Kraft im Bundestag, wir sind in fast einem Dutzend Landtagen vertreten. Wir sind aktiv in Gewerkschaften und Bürgerinitiativen und wir haben eine starke kommunalpolitische Basis. In drei Bundesländern regieren wir mit, in Thüringen leite ich als Ministerpräsident die Landesregierung. Wir haben viel erreicht und im zehnten Jahr unseres Bestehens kämpfen wir für einen Politikwechsel im Bund.

Nein, die Aufgaben für DIE LINKE werden nicht weniger. Ich wünsche meiner Partei, dass sie sich wieder öfter an den Moment des Aufbruchs von vor zehn Jahren erinnert, gerade dann, wenn wir mal wieder vor allem damit beschäftigt sind, das uns Trennende zu betonen. Stark sind wir dann, wenn wir gemeinsam miteinander arbeiten, streiten und ja: auch miteinander lachen …

Herzlichen Glückwunsch!

Bodo Ramelow ist Ministerpräsident von Thüringen und war Fusionsbeauftragter der Linkspartei.PDS.