Disput

Gegen Merkel, Trump und Co.

In Hamburg laufen die Vorbereitungen für die Proteste gegen den G20-Gipfel im Juli auf Hochtouren. Die LINKE Landessprecherin ZACLIN NASTIC über die bisherigen Planungen

Am 7. und 8. Juli werden die Regierungschefs der 20 mächtigsten Industrie- und Schwellenländer zum G20-Gipfel nach Hamburg kommen. Was erwartet die Hamburgerinnen und Hamburger an diesen Tagen?

Sie erwarten vielerlei Einschränkungen. Die Menschen, die innerstädtisch wohnen, werden von der Einschränkung ihrer Grundrechte durch mehrstufi ge Kontrollen bis zum Zugang ihrer Wohnungen betroffen sein. Die Menschen, die arbeiten, werden sich auf Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr einstellen müssen. Die gesamte Stadt wird lahmgelegt. Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit drohen. Das fi nden wir als DIE LINKE. Hamburg nicht gut, denn wir erwarten viele zehntausende Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten in Hamburg.

Erst im Herbst 2015 hatten die Hamburgerinnen und Hamburger bei einem Volksentscheid mit großer Mehrheit die Olympia- Bewerbung abgelehnt. Wie groß ist nun die Vorfreude auf das nächste Mega-Event, den G20?

Vorfreude lässt sich nicht erkennen. Die Olympiaabsage – welche wir als einzige Partei von Anfang an gefordert haben – verbuchten wir als großen Erfolg. Mega-Events sind in einer Großstadt immer mit großen Einschränkungen verbunden. Darauf haben die Hamburgerinnen und Hamburger keinen Bock. Beim Bau der Elbphilarmonie hatten die Hambugerinnen und Hamburger eine ungeheure Kostenexplosion erlebt. Das lässt auch für den G20 wenig Gutes erwarten. Es wird auf jeden Fall sehr teuer. Der OSZE-Gipfel lieferte dafür einen Vorgeschmack. Die tatsächlichen Kosten lassen sich bisher weder auf Bundes-, noch Landesparlamentsebene in Erfahrung bringen, die Verantwortlichen üben sich in Intransparenz. Die Elbphilarmonie hat uns bereits gereicht, Olympia haben wir abgelehnt, auch den G20 Gipfel wollen wir als DIE LINKE. nicht und viele Hamburgerinnen und Hamburger auch nicht.

Als einzige Partei hat die Hamburger LINKE den Gipfel in der Hansestadt immer abgelehnt. Warum?

 G20 steht für all das, was wir als DIE LINKE ablehnen: Krieg, Waffenexporte, Ausbeutung, eine ungerechte Weltwirtschaftsordnung. Wir stehen für eine friedliche Außenpolitik, sind gegen Angriffskriege und Waffenexporte, für einen Sozialstaat, globale Verteilungsgerechtigkeit und grenzenlose Solidarität.

Und ihr beteiligt euch an dem Protestbündnis gegen den G20- Gipfel?

Als DIE LINKE. Hamburg sehen wir uns in der Pflicht, für die Belange der Bürgerinnen und Bürger einzutreten und diese ernst zu nehmen. Deshalb beteiligen wir uns gemeinsam mit vielen anderen Organisationen an den verschiedenen Protestbündnissen gegen den G20-Gipfel hier in Hamburg.

Was ist an Protesten und Veranstaltungen während der Gipfeltage genau geplant?

Beginnen werden wir schon in der Woche vor dem G20-Gipfel, nämlich am Sonntag, dem 2. Juli, mit der »G20 Protestwelle«: mit einem Protestmarsch, einer Bootsdemo und einem Bannermeer rund um die Alster. Weiter geht es am 3. Juli mit dem Thema »Vom Hafengeburtstag bis G20 – Die Bundeswehr im Einsatz an der Heimatfront« im Internationalen Zentrum B5. Am Dienstag, dem 4. Juli, startet »Reclaim the streets« im Karo-Viertel. Einen Tag später, am 5. Juli, gibt es eine hedonistische Nachttanz-Demo, und es startet der Alternativgipfel. Am Donnerstag, dem 6. Juli, fi ndet die Vorabdemo »G20 Welcome to Hell« statt und das »Global Citizen Festival«. Der Freitag mündet in einem Aktionstag des zivilen Ungehorsams und am 8. Juli enden die Proteste mit der Großdemonstration »Grenzelose Solidarität statt G20«.

Wie können LINKE aus anderen Landesverbänden den Protest unterstützen?

Wir hoffen auf rege Beteiligung und auf viele LINKE Genossinnen und Genossen, die zu uns nach Hamburg kommen und gegen Erdogan, Merkel und Trump, Putin, Kaczyn´ski, Temer und Co. demonstrieren. Wir hoffen auf kreative Unterstützung und auf Ideenreichtum im Vorfeld des Gipfels. Die Beteiligung und Unterstützung im politischen Sinne und auch vor Ort ist wichtig, denn wir wissen, dass dieses Event viele unberechenbare Auswirkungen nicht nur kommunal, sondern auch global haben wird.

G20-Protest und Wahlkampf: Passt das zusammen?

Wir haben uns nicht ausgesucht, dass der G20-Gipfel nach Hamburg Graffi ti in Athen: Die Mobilisierung für die Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg läuft europaweit Fotos: Pascal Beucker kommt. Wir sind die einzige Partei, die dagegen ist. Wir werden als Krawallmacher, Chaoten, Gewalttäter an den Pranger gestellt, wenn etwas im Vorfeld passiert. Tatsache ist aber, dass wir als DIE LINKE die einzige Friedenspartei sind. Unser Ziel ist ein friedliches Miteinander, weltweit. Deshalb protestieren wir auch gegen G20. Die anderen Parteien im Rathaus tun dies nicht, nicht einmal die Grünen kann man hier richtig einschätzen: Es ist zwar gut, dass die Partei ebenfalls zu Protestaktionen wie der »Protestwelle« aufruft, doch wie ihre Einstellung am Ende des Tages ausschaut, ist nicht berechenbar. Sonst würden die Grünen im Rathaus offensiver gegen den Gipfel poltern.

Was ist für dich persönlich der wichtigste Grund, gegen G20 auf die Straße zu gehen?

Diese Kriegspolitik, diese Ausbeutungspolitik. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer reden über Afrika, doch in Wirklichkeit ist kaum jemand aus Afrika da. Sie reden über den Klimawandel, sind mit ihrer Politik aber selbst die größten Verursacher. Sie arbeiten im Sinne der Auto- und Ölindustrie. Beim G20- Gipfel entscheiden die Staaten, die andere unterdrücken und ausbeuten. Wir fordern grenzenlose Solidarität und globale Verteilungsgerechtigkeit.

Interview: Florian Wilde

Beim G20-Gipfel im Juli in Hamburg treffen sich die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. In der Vergangenheit sind dabei immer wieder Städte zu Hochsicherheitszentren aufgerüstet worden, in denen demokratische Grundrechte massiv eingeschränkt wurden. In Hamburg droht eine Allgemeinverfügung, durch die jegliche Versammlungsfreiheit für einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt wird. Die G20-Sonderausgabe der Zeitung »Backbord« der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft kann zum Weiterverteilen in Paketen á 100 Exemplaren bestellt werden unter sabrina.glimmann@linksfraktion.hamburg.de