Stabwechsel mit Aktionsplan
Vom 3. Kongress der Partei der Europäischen Linken
Von Andreas Günther
Vom 3. bis 5. Dezember fand in Paris der 3. Kongress der Partei der Europäischen Linken (EL) statt. Lothar Bisky gab, wie lange angekündigt, den Vorsitz der Partei, den er seit 2007 inne hatte, ab und konzentriert sich künftig auf den Vorsitz der GUE/NGL-Fraktion im Europäischen Parlament. Der Kongress dankte ihm für sein verdienstvolles Wirken. In seiner letzten Rede als EL-Vorsitzender ging er auf die Finanzkrise ein und konstatierte: »Alle Rettungsschirme sind umsonst, wenn die Europäische Union und die großen Industrienationen keine neuen Kriterien für eine erfolgreiche Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik entwickeln … Für uns stehen zuerst eine Begrenzung von Außenhandelsüberschüssen und die Sicherung einer sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklung an.« Mit Blick auf die Eurokrise musste er feststellen, dass »die Linke … vor einer doppelten Herausforderung (steht): Wir stehen dafür, dass die soziale Frage in den Mittelpunkt der Politik gestellt wird … wir (haben) im Aktionsprogramm … diese Krise auch als eine Krise der demokratischen Institutionen charakterisiert.« Krisenbekämpfung ohne die Beseitigung der Krisenursachen, ohne nachhaltige Armutsbekämpfung weltweit werde erfolglos bleiben. Lothar Bisky setzte auf das gemeinsame Handeln, das schnelle Ende einer weiteren Zersplitterung der linken Kräfte.
Zum neuen Vorsitzenden der EL wurde mit großer Mehrheit Pierre Laurent, Vorsitzender der Französischen Kommunistischen Partei, gewählt (DISPUT interviewte ihn im Novemberheft.) Ihm zur Seite steht ein Führungsteam mit vier Vize-Vorsitzenden: Maite Mola von der Spanischen Kommunistischen Partei, die Europaabgeordnete Marisa Matias vom portugiesischen Linksblock, Alexis Tsipras, Vorsitzender des griechischen Synaspismos, sowie Grigore Petrenco von der Partei der Kommunisten der Republik Moldau.
Zum Schatzmeister wurde Diether Dehm (DIE LINKE) gewählt. Der weitere Vorstand besteht, unter Beachtung der Geschlechterparität, aus je zwei VertreterInnen der Mitgliedsparteien. Für DIE LINKE sind das Claudia Haydt und Helmut Scholz.
Die Europäische Linke hat auf ihrem Kongress einstimmig eine »Agenda für ein soziales Europa« als einen politischen Aktionsplan für die nächsten Jahre, als eine Plattform für Widerstand und Alternativen zur herrschenden Politik der Sparprogramme und des Sozialabbaus beschlossen. Es sei Zeit, aktiv zu werden. Nur starke europäische Initiativen könnten eine Systemalternative aufzeigen zu einer Wirtschaft, die auf den Finanzmärkten aufbaut. Deshalb müsse die Europäische Linke ihre Fähigkeit beweisen, auf die Herausforderungen zu reagieren und ihren Platz in der Gesellschaft auszufüllen. So beschloss die Europäische Linke weiterhin, als erste Partei die Europäische Bürgerinitiative zu nutzen, die durch den Vertrag von Lissabon in der Europäischen Union eingeführt wurde. Ziel der Initiative soll die Schaffung eines »Europäischen Fonds für soziale Entwicklung« sein (im Gegensatz zum jetzt geplanten Fonds für Finanzmarktstabilisierung), der öffentliche Investitionen zur Beschäftigungssicherung, Bildung, Forschung, sinnvolle Infrastrukturprojekte und Verbesserungen im Umweltschutz fördert. Das Geld dafür soll von der Europäischen Zentralbank und durch eine Finanztransaktionssteuer aufgebracht werden.
Die Europäische Bürgerinitiative braucht eine Million Unterschriften von EU-Bürgerinnen und -Bürgern, eine hohe Hürde, die von der Europäischen Linken immer kritisiert wurde. Um diese Hürde zu meistern, will die EL eine breite, gut vorbereitete Kampagne von der Basis aus in ganz Europa organisieren, in allen Sprachen und mit Veranstaltungen in den verschiedenen Hauptstädten. Es geht darum, das Instrument der Bürgerinitiative für die Mobilisierung der Bürgerinnen und Bürger gegen die Logik der europäischen Verträge zu nutzen, um die gegenwärtigen Machtverhältnisse an einem ganz konkreten Punkt in Frage zu stellen.
Der Kongress ratifizierte die Beitritte weiterer Mitgliedsparteien: der Belarussischen Partei der Linken »Gerechte Welt«, der Bulgarischen Linken, der Rot-Grünen Einheitsliste aus Dänemark, des finnischen Linksbundes, der Finnischen Kommunistischen Partei, der Linkspartei Frankreichs und der Vereinten Linken aus Frankreich. Die Europäische Linke umfasst nunmehr 27 Mitglieds- und 11 Beobachterparteien aus 24 Ländern. Damit setzte die Partei eine Periode der Verbreiterung fort. Nach dieser müsse sie nun das Schwergewicht auf ihre Einheit legen, sagte der neu gewählte Vorsitzende Pierre Laurent und führte damit einen Gedanken seines Vorgängers fort. Denn Europa braucht mehr denn je eine schlagkräftige linke Alternative!