Der Anfang war nicht schwer
Politik und Kultur nach der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung
Von Gert Gampe
Bisher gab es sie noch nicht. Jetzt soll sie es jedes Jahr geben. Immer am Tag des Gedenkens für Rosa und Karl. Nach der Kranzniederlegung in Berlin-Friedrichsfelde, nach der Demo.
Sie soll diesen Charakter haben und diese Mischung von Politik und Kunst. Und sie soll die gemeinsame Veranstaltung der Europäischen Linken und der LINKEN sein.
Der Auftakt dafür war emotional, intelligent und erfolgreich. Unter dem Titel »Rage against the capitalist machine« versammelten sich Gesine Lötzsch, Klaus Ernst und Oskar Lafontaine, die französischen Gäste Pierre Laurent und Jean Luc Mélenchon. sowie Aurora Lacasa mit ihren chilenischen Musikern, der griechische Barde Kostas Papanastasiou, der Italiener Andrea Rivera und Geier Sturzflug & Gebrüder Engel, diese gedimmt auf zwei Sangesbrüder. So waren es am 9. Januar drei Stunden Programm im Foyer des Berliner »Kosmos« vor über 400 Gästen, die, manche wegen Platzmangel auf dem Steinfußboden sitzend, »durchhielten«.
Diether Dehm fühlte sich wohl in seiner Rolle als Moderator, führte charmant durchs Programm, sang Brecht-Lieder, begleitet von Michael Letz am Piano. Klaus Ernst und Gesine Lötzsch eröffneten mit leidenschaftlichen Kurzreden über die Notwendigkeit, öffentlich darüber nachdenken zu dürfen, was nach einem übrig gebliebenen Kapitalismus kommt und was die LINKE dafür tun muss, um eine gerechte, soziale und solidarische Gesellschaft zu erkämpfen. Nachdenken über die Zukunft sollte nicht nur erlaubt sein, sondern ein Muss in der Gesellschaftsdebatte. Dem folgte Pierre Laurent, Vorsitzender der FKP und der Europäischen Linken (EL), der von der Unfähigkeit des Kapitalismus sprach, soziale, ökologische und globale Probleme zu lösen. »Die menschliche Entwicklung selbst ist in Gefahr, und der Kapitalismus ist unfähig, etwas anderes zu tun, als Ausbeutung, Herrschaft und Entfremdung jeder Art aufrechtzuerhalten.«
Und Jean Luc Mélenchon, Vorsitzender Parti de Gauche (Linkspartei), führte den Gedanken weiter: Streiks und Mobilisierungen müssen auf Europa ausgedehnt werden. Die Kämpfe müssen zusammengeführt werden. Die EL wird eine Kampagne zur Errichtung eines Europäischen Fonds für soziale und ökologische Entwicklung ergreifen. Mehr Kooperation, Gedankenaustausch und Koordinierung werden über unsere Stärken entscheiden.
Im Programm an vorletzter Stelle positioniert, brachte Oskar Lafontaine das Publikum wieder in Höchststimmung. Bei der gegenwärtigen Propagandawelle der Bundesregierung über den Aufschwung und den geschönten Statistiken zeigte er auf das Grundproblem der Entwicklung: Wirtschaftslobbyisten diktieren der Regierung den Rahmen. Die Bankenkrise und Finanzkrise ist nicht gelöst. Soziale Gerechtigkeit ist ohne Steuergerechtigkeit nicht denkbar. Das Alleinstellungsmerkmal der LINKEN bleibt bestehen: im Kampf gegen Hartz IV, in der Friedens- und Demokratiefrage. »Der deregulierte Finanzkapitalismus hat die Demokratie ausgehöhlt. Entweder der Staat kontrolliert und reguliert die Banken, oder die Finanzindustrie kontrolliert und reguliert die Politik ... Der Satz Rosa Luxemburgs ›Ohne Sozialismus keine Demokratie und ohne Demokratie kein Sozialismus‹ sagt nichts anderes, als dass es ohne eine gerechtere Vermögensverteilung keine Demokratie gibt. DIE LINKE wirft als einzige politische Kraft die Frage auf, was wem warum gehört.«
Aurora Lacasa hatte sich mit ihrem Repertoire klug auf das Programm eingestellt. Mit ihren »Lebenslinien« in mehreren Sprachen, in denen sie sich zu Hause fühlt, in Anknüpfung an ihre Eltern und in musikalischen Referenzen an Garcia Lorca und Daniel Viglietti setzte sie den künstlerischen Höhepunkt.
Das »Bruttosozialprodukt zu steigern« war dann Anliegen und Ende der Veranstaltung, die 2012 ihre Fortsetzung erfahren soll.