Disput

Restlos bedient

Alles super in Raststätten? Die Beschäftigten von Autogrill sagen Nein und streiken seit Ostern

Gute Arbeit braucht faire Bezahlung. Das sollte selbstverständlich auch für die Beschäftigten von Raststätten gelten. Weil dies jedoch noch immer nicht so ist, streiken seit Anfang April Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Autogrill Deutschland GmbH in Thüringen und Bayern. Immer wieder treten sie kurzfristig und über Stunden in den Ausstand. Sie wollen einen Tarifvertrag, der endlich Schluss macht mit Niedriglöhnen und ungeregelten Arbeitsbedingungen.

Veit Otto, Tankwart und Kassierer an der Raststätte Eisenach und seit 13 Jahren Betriebsratsvorsitzender, erklärt in der Streikzeitung 7 die Ziele des Ausstandes: »Ein fairer Lohn, Regelungen zur Arbeitszeit und Zuschläge. Wir wollen eine angemessene Wertschätzung unserer Arbeit.« Seit fünf Jahren verspreche Autogrill Lohnerhöhungen. »Das Maß ist voll und unsere Geduld am Ende.«

DIE LINKE unterstützt von Anfang an die berechtigten Forderungen. Am 19. Mai besuchten Gregor Gysi und Bodo Ramelow Streikende, die sich sehr über diesen Solidaritätsbeweis freuten, und versicherten ihnen, sich auf allen Ebenen für einen Tarifvertrag stark zu machen. »Die Kolleginnen und Kollegen«, sagte der Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, »haben meine volle Solidarität, damit sie endlich einen Tarifvertrag und auch mal eine Lohnerhöhung bekommen.« Die sei mehr als verdient!

Zu einem gemeinsamen Streiktag rief die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten am 14. Juni auf. An den Autogrill-Raststätten Donautal-Ost (bei Passau), Rhön Ost und West, Eisenach und Hörselgau wurde gestreikt. Parallel dazu wurden an vielen anderen der 36 Autogrill-Standorte in Deutschland, so in den Raststätten Illertal, Michendorf und Marienborn, Flugblätter verteilt und Unterschriften gesammelt. Dort bekamen sie Besuch von zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern aus den Gewerkschaften, der Politik, von Freundinnen, Freunden und Verwandten.

Mit dabei waren Mitglieder der LINKEN. Susanne Hennig-Wellsow, die thüringische Landesvorsitzende, sprach in der Raststätte Hörselgau zu den Streikenden.

Aus Passau berichtet Hermann Schmidt für DISPUT: »Zusammen mit Wolfgang Reddies - wir sind beide Mitglied im Kreisvorstand - war ich zwei Stunden bei den Streikenden. Die Stimmung war gut und zuversichtlich. Bereits zum 17. Mal seit April sind die rund 35 Mitarbeiter der Autobahnraststätte Donautal Ost an diesem Samstag gegen ihre unzumutbare Entlohnung in den befristeten Ausstand getreten. Das Mammutunternehmen Autogrill, mit 1.200 Niederlassungen weltweit eines der größten Gastronomieunternehmen, befindet sich mehrheitlich im Besitz der italienischen Unternehmerfamilie Benetton, die sich allerdings in solchen Fällen möglichst bedeckt hält. Die Mitarbeiter - Tag und Nacht gefordert - werden an den Raststätten mit einem Stundenlohn von acht Euro abgespeist. Keine Zuschläge, kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Mittlerweile liegt ein Angebot von 8,50 Euro vor, das von den Arbeitnehmern jedoch als Hohn aufgefasst wird, weil es sowieso dem kommenden gesetzlichen Mindestlohn entspricht. Bei der Veranstaltung an der Raststätte Donautal Ost bekundeten die Vertreter der Gewerkschaften, der Kirchen, der LINKEN sowie der Oberbürgermeister von Passau, Jürgen Dupper, ihre Solidarität und verurteilten die entwürdigende Lohn- und Personalpolitik von Autogrill. Kurt Haberl, NGG-Geschäftsführer für die Region Niederbayern, erhoffte sich von dieser Initiative ein Übergreifen auf den gesamten gastronomischen Bereich der Region, damit die beschämende Entlohnungssituation endlich den Erfordernissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entspricht.«

Bayerns LINKE-Landessprecher Eva Bulling-Schröter und Xaver Merk schrieben an die Kolleginnen und Kollegen: »Wir zollen euch für eure bisherigen Aktivitäten, Urabstimmungen bis hin zu Streikmaßnahmen unseren großen Respekt. Dieser Einsatz, dieser Kampf um Tarifverträge wird sich auszahlen. Dessen sind wir uns ganz sicher.

Viele Reisende, Gewerkschafter/innen, Bekannte, Freunde solidarisieren sich mit euch. So könnt ihr euch auch der Unterstützung der Partei DIE LINKE. Bayern mit ihren Mitgliedern und Verantwortlichen sicher sein. In diesem Sinne wünschen wir euch viel Glück und viel Erfolg bei der Durchsetzung eurer Forderungen!«

Xaver Merk, selbst viele Jahre kampferprobter Gewerkschaftssekretär bei NGG, verteilte an der Raststätte Illertal an der A 7 zwischen Ulm und Memmingen Flugblätter und informierte Reisende über die Ziele der Beschäftigten.

Der Einsatz der Streikenden und ihrer Unterstützerinnen und Unterstützer trägt inzwischen erste Früchte: Autogrill zahlt jetzt Einstiegslöhne von 8,50 Euro - auf freiwilliger Basis, wie der Konzern betont. Der NGG-Verhandlungsführer Wilfried Maxim bekräftigt: »Wir werden so lange weitermachen, bis wir einen anständigen Tarifvertrag haben. Gute Arbeit gibt es nur mit einem Tarifvertrag. Auch ein weltweites Unternehmen wie Autogrill muss sich an Mindeststandards halten.«

Der Kampf geht also weiter. Am 19. Juni wurden in Eisenach beide Tankstellen für neun Stunden geschlossen gehalten, in Hörselgau wurde Ende Juni erstmalig 32 Stunden durchgestreikt. Das sei, so die NGG, ein umso größerer Erfolg, da von Seiten der Geschäftsführung nichts unversucht gelassen wird, die Streikfront zu brechen. So würden Streikbrecher eingesetzt. An eigene Streikbrecher würden in Eisenach »Prämien« über 30 Euro pro Einsatz gezahlt.

S. R.