Debatten in der Burg
Sommeruniversität der Europäischen Linken im tschechischen Litoměřice
Von Andreas Günther
Zum Jubiläum, zur 10.Sommeruniverität, traf sich Mitte Juli die Europäische Linke im Herzen Europas, im tschechischen Litomerice, dem früheren Leitmeritz. Denen, die noch vor dem Bau der Autobahn von Dresden nach Prag gefahren sind, ist der Ort als Transitpunkt an der alten Europastraße vertraut. Nur wenige Kilometer entfernt, auf der anderen Seite der Elbe, liegt Theresienstadt, Terezín, »Vorzeigegetto« und Drehscheibe in der Vernichtungsmaschinerie der Nazis gegen die europäischen Juden.
Die gotische Burg der Stadt, innen ein modernes Veranstaltungszentrum, bot einen angenehmen Rahmen für die von den Genossinnen und Genossen der Partei des Demokratischen Sozialismus und der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens gemeinsam hervorragend organisierte Sommeruniversität. Wie seit Jahren war das europäische Stiftungsnetzwerk »transform!« Partner.
Folgerichtig zum Veranstaltungsort war der erste Tag Fragen Mittel- und Osteuropas gewidmet. Es ging um die Erfahrungen aus dem Transformationsprozess für unseren Kampf um ein soziales Europa, um den Umgang mit der rechtsextremen Gefahr und um die Rolle und Schwäche der Linken in der Region. Den Abschluss des Auftakttages bildete ein Besuch des Ghettos und der Gedenkstätte Theresienstadt.
Der zweite Tag stellte die Frage nach der Zukunft Europas in den Mittelpunkt: Integration oder Zersplitterung? Natürlich spielte die aktuelle Situation in Griechenland an allen Tagen und in allen Debatten eine wichtige Rolle. Andere Themen waren der Kampf gegen die Freihandelsdiktate, der Beitrag der Linken zur Klimadebatte und konkrete Erfahrungen mit Solidarität und Mobilisierung. An allen Tagen organisierte das Frauennetzwerk ELFem parallel eigene Workshops.
Der Abschlusstag stellte unsere politische Arbeit in Europa in den Kontext der weltweiten sozialen Auseinandersetzungen. Dabei waren Gäste aus Venezuela. Außerdem ging es um die Vorbereitung des kommenden Klimagipfels in Paris und die Flüchtlingskatastrophe im Zusammenhang mit der weltweiten Migrationsdebatte. Ein fulminantes Kulturprogramm schloss die Sommeruniversität ab.
Wie immer bot die Sommeruniversität reichlich Raum zum Kennenlernen und zum Austausch zwischen den Mitgliedern der Parteien der Europäischen Linken. Das Programm ließ Platz für selbst organisierte Workshops. Auch DIE LINKE hatte wieder 21 Aktiven die Möglichkeit zur Teilnahme geboten.
Die Vorbereitung der 11. Sommeruniversität sollte Anlass sein, das inhaltliche Konzept weiterzuentwickeln. Eine Konzentration der Themen, die Suche nach Impulsgebern auch außerhalb der engeren politischen Linken, eine rechtzeitige Festlegung des inhaltlichen Rahmens, so dass auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezielt angesprochen werden können, und interessantere Veranstaltungsformen könnten die Sommeruniversität noch mehr zu der Denkfabrik machen, die die europäische Linke in diesen Tagen braucht.