Ein fester Punkt
Kolumne
Von Matthias Höhn
Der Fußball hat über Wochen wieder die Menschen überall auf der Welt verbunden – so zumindest war es allerorten zu lesen. Für den Parteivorstand kann ich sagen: Es stimmt.
Ein hartes Arbeitsprogramm war vorgesehen für die Klausurberatung im schönen Dresden. Und die Partei hatte es sich – wieder einmal – zusätzlich schwer gemacht. Papiere waren an die Öffentlichkeit gelangt. Papiere, die wir in ihrer Sprache und in ihrem Inhalt in unserer Partei nicht akzeptieren können. Viele Fragen dazu standen im Raum, belasteten viele, auch mich selbst sehr.
Die Fußballpausen, gemeinsam mit kühlen Getränken vor den Bildschirmen sitzend, stehend, fiebernd, brachten Erstaunliches zum Vorschein. Mindestens, wenn man in den üblichen Parteischubläden denkt. Strömungsverankerung – vergesst es, beim Fußball mischt sich das alles wieder neu. Für die Atmosphäre, für den Teamgeist konnte uns zum Start in unsere neue Vorstandslegislatur nichts Besseres passieren. Das lässt die Probleme, die wir zu diskutieren hatten, nicht verschwinden. Aber ich sage auch: Der neue Vorstand ist gut gestartet.
Der Vorstand wertete die vergangenen Wahlen sehr gründlich aus – dazu waren wir bisher noch nicht gekommen. Ziel dieser detaillierten Auswertung war die Bestimmung unseres aktuellen Standortes – das ist wichtig: Man braucht einen festen Punkt, wenn man die Welt aus den Angeln heben will.
Unsere Ergebnisse sind gut – gemessen an den Gegebenheiten. Könnten sie besser sein? Haben wir nach der Bundestagswahl und nach der Wahl zum Europaparlament unsere Rolle schon gefunden, wenn ja – füllen wir sie auch aus? Wohin müssen wir unsere Themen ausweiten? Was ist erreicht? Wo brauchen wir neue Ideen, und woher sollen sie kommen? Wie planen wir unsere Schwerpunkte für die kommenden anderthalb, zwei Jahre? Und was ist dringend nötig, um die anstehenden Landtagswahlen im Osten im Spätsommer mit Erfolg zu bestehen – nicht in unserem Interesse, sondern im Interesse der Menschen, die uns wählen sollen.
Damit bin ich bei den drei ostdeutschen Ländern, die vom letzten Wahlkampf im Mai ohne Pause übergegangen sind in ihre Landtagswahlkämpfe. Als Tagungsort Dresden zu wählen, war darum natürlich auch kein Zufall: Wir sind bei euch, das sollte sichtbar werden. Bei diesen Wahlen geht es um viel – für die ganze Partei. Wir wollen zeigen, dass DIE LINKE in Regierungsbeteiligung nicht, wie manche meinen, immer verliert, sondern sich selbstbewusst und mit Erfolgen wie in Brandenburg behaupten kann. 25 Jahre schwärzeste CDU-Herrschaft in Sachsen zu beenden – das reicht fas schon als Grund, wählen zu gehen, aber natürlich können und wollen wir es auch inhaltlich besser machen. Und dann ist da noch Bodo. Manchmal scheint es, DIE LINKE in Thüringen sei allein Bodo Ramelow. Dem ist natürlich nicht so, aber er ist und bleibt ein Phänomen. Und er könnte der erste linke Ministerpräsident werden. Dafür braucht er unsere gemeinsame Unterstützung – vor allem auch nach der Wahl.
Nach der letzten Wahl vor wenigen Wochen kam so einiges hoch: Fahrpläne, No-Go-Listen und schwere Vorwürfe gegenüber der Parteispitze. Die Partei war ehrlich und zu Recht erschrocken. Was muten wir uns eigentlich untereinander zu? Wie glaubwürdig sind wir eigentlich mit unseren hohen politischen Ansprüchen, wenn wir sie selbst sicht- und spürbar vermissen lassen. Nicht zum ersten Mal stand die Frage der politischen Un-Kultur im Raum. Ich sollte aufklären. Das habe ich getan – und dem Parteivorstand berichtet. Ich möchte so etwas nicht noch einmal tun müssen. Wochenlang im Schlamm wühlen – das war und ist nicht meine Vorstellung von meiner Arbeit als Bundesgeschäftsführer. Über Sherlock Höhn wurde gewitzelt, über CSI KLH. Witzig war das alles jedoch überhaupt nicht. Mein Berichtsfazit kann man nachlesen. Zentral ist mir aber: Ein Ausweg aus dieser Unkultur ist im fortwährenden Schlammwühlen nicht zu finden. Nur das erkennbare Etablieren und Praktizieren einer offenen und fairen Gegenkultur zu solchen Vorgängen kann eine hinreichende Antwort sein.
Letztlich: Ich habe ein gutes Team auf dem Feld. Über die Bundesgeschäftsstelle ist wieder einmal schlecht geredet und geschrieben worden. Ihr wisst, was wir in den letzten Monaten bei Bundestags- und Europawahl inhaltlich und logistisch geleistet haben. Das nächste Turnier kommt, auf meine Mannschaft werde ich mich wieder verlassen können.