Disput

Gleichheit, Solidarität, Mitgefühl

Wofür ich als Mitglied der LINKEN stehe, wofür ich für DIE LINKE kandidiere

Von Lothar Schuchmann

Es stellen sich einfache Fragen: Wie gehen wir hier und heute mit unseren Mitmenschen um? Und als Kinderarzt frage ich: Wie gehen wir als Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer mit unseren Kindern und Jugendlichen um? Und vor allem: Wie gehen wir alle mit unseren Alten, Armen, Arbeitslosen und Migranten um?

In unserem Land herrscht – und wer häufig an Info-Ständen weilt, weiß es – vielfach ein eisiger Jargon der Verachtung gegenüber den weniger Leistungsfähigen und Robusten, manchmal eine unglaublich aggressive Rohheit, insbesondere vonseiten der Angehörigen sogenannter Eliten – MitbürgerInnen mit hohem Einkommen – gegenüber Alten, Armen, Arbeits- und Wohnungslosen und selbst gegenüber armen Kindern. Sarrazin ist überall.

Und wie gehen die aktuell Regierenden mit uns Bürgerinnen und Bürgern um? Es ist nicht nur der brutale Polizeieinsatz gegen die S21-Gegner in Stuttgart ... – was uns immer mehr auffällt ist: Unaufrichtigkeit, Mauschelei, Intransparenz, sinkende Glaubwürdigkeit, eine Amtssprache, die bewusst unverständlich gehalten wird, das Fehlen von Mitgefühl und das oft schon aktive Desinteresse an den Sorgen und der Lebenswirklichkeit breiter ausgegrenzter Bevölkerungskreise. Denn die Unterschiede zwischen Arm und Reich in Deutschland wachsen weiter, der soziale Frieden ist ernsthaft gefährdet. Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung besitzen 61 Prozent des gesamten Vermögens, die ärmsten 30 Prozent haben praktisch nichts – oder Schulden. Dies weist auf die vielen Missstände in unserer Gesellschaft hin, die DIE LINKE besonders anprangert: Leiharbeit, Niedriglohn (erklärbar auch durch den fehlenden Mindestlohn) und nicht zuletzt die Rente mit 67, eine schlichte Rentenkürzung.

Als häuslicher Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in einem sozialen Brennpunkt in Freiburg sah ich besonders seit der Hartz-IV-Gesetzgebung eine zunehmende Verarmung und soziale Ausgrenzung von Kindern und ihren Familien mit all ihren negativen Folgen für die Lebensperspektive dieser Kinder, mit schlechteren Bildungs- und Berufschancen und einem deutlich schlechteren Gesundheitszustand. Zudem werden lohnabhängige Berufstätige in unserem Land immer häufiger – nicht nur als Leiharbeiter – unterbezahlt, bis zur Ausbeutung, hin und hergeschoben und schließlich in die Arbeitslosigkeit entlassen, während Unternehmer und Aktionäre sich mit Unterstützung neoliberaler Politiker schamlos bereichern. Oligarchen beherrschen unser Land und zerstören durch Privatisierung der Daseinsvorsorge und Ökonomisierung aller Lebensbereiche Gemeinwesen, Sozialstaat und Demokratie. Ökonomisierung bedeutet Kosteneinsparung zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung und zugunsten der herrschenden Klasse. Profitlogik lässt sich nicht mit Humanität und Solidarität vereinbaren, und insoweit ist der aktuelle Marktradikalismus auch nicht mit unserer sozialen Demokratie in Einklang zu bringen.

Deutschland führt wieder Kriege für seine Wirtschaftsinteressen, obwohl diese Art von »Problemlösung«, die darin besteht, möglichst viele Menschen zu vernichten, ihre Häuser und ihre Lebensgrundlage zu zerstören, ebenso unglaublich primitiv wie vollkommen erfolglos ist – und dies schon seit der Steinzeit. Haben wir nichts dazu gelernt? Als Kind hörte ich Adenauers Slogan: »Die Hand soll verdorren, die je wieder ein Gewehr ergreift«. Davon sind wir schon wieder weit abgekommen. Warum eigentlich sollen unsere Söhne für fremde Händel sterben? Dies alles erzeugt meinen anhaltenden Zorn. Wir fordern eine andere Politik, für die Menschen statt für Profite, für ein sozial gerechtes Wirtschaftssystem, für Rüstungskontrolle und gegen die aktuelle Kriegspolitik. Ziel ist eine strikte Abkehr von Shareholder-Kapitalismus und neoliberaler Ideologie.

Mit Politikverdrossenheit und Demokratie-Distanz wird die steigende Zahl von Nichtwählern erklärt; es handelt sich auch um eine chronische Politikerverdrossenheit. Es ist diese Arroganz der Regierenden und der hinter ihnen stehenden großen Unternehmen, Banken und Versicherungen, es ist diese Intransparenz politischer Vorgänge und der Parteienfinanzierung, die viele so empört.

Gesetze, Vorschläge, Pläne und Vorhaben wurden und werden heute oft im kleinen Kreis beschlossen, zügig durchs Parlament geschleust, wobei offenbar manchmal selbst Abgeordnete zum unmündigen Volk gerechnet werden. DIE LINKE fordert deshalb Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie auf der Ebene der Kommunen, der Bundesländer, des Bundes und der EU – auf allen Ebenen.

Die selbst ernannte Staatspartei CDU in Baden-Württemberg, eine wirklich mächtige Obrigkeit, herrscht seit vielen Jahrzehnten über das Bundesland. Verfilzt bis ins letzte Dorf, zeigt sie wenig Respekt vor dem Souverän, dem Volk. Die Verfilzung liegt auch an einer zu langen Regierungszeit einer Partei, die sich inzwischen zu einer Staatspartei mauserte, einer Art christlicher Einheitspartei, wie wir es in demokratiefeindlichen Regimen beobachten konnten.

2,6 Millionen arme Kinder leben in unserer reichen Bundesrepublik. Es ist die Gefühllosigkeit und Ungerechtigkeit der Herrschenden, die mich als Kinderarzt zu einer konsequent linken Politik motiviert. Viele Jahre war ich Mitglied der SPD, später (weitgehend passiv) bei den Grünen. Im Juli 2004 wurde ich Mitglied der WASG, seit Juli 2007 bin ich im Freiburger Kreisvorstand der LINKEN. Ich war Initiator der Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheit und Soziales, bin Mitglied der BAG Gesundheit und Soziales und arbeitete in der Freiburger Bürgerinitiative »Wohnen ist Menschenrecht«, die mit einem erfolgreichen Bürgerentscheid 2006 den Verkauf der kommunalen Wohnungen verhinderte. 2009 wurde ich in den Stadtrat gewählt.

Am 27. März 2011 will ich als Direktkandidat in Freiburg zum erstmaligen Einzug der LINKEN in den Landtag von Baden-Württemberg beitragen.

Dr. med. Lothar Schuchmann, 70, ist häuslicher Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in einem sozialen Brennpunkt in Freiburg im Breisgau.