Kampfdrohnen stoppen!
Sie bedeuten mehr Krieg, mehr Tote, mehr Unheil
Von Christine Buchholz
Monatelang hat Verteidigungsministerin von der Leyen beharrlich zur Frage der Kampfdrohnen geschwiegen. Erst sollte eine breite ethische Debatte her, am 30. Juni fand nun eine erste öffentliche Expertenanhörung im Verteidigungsausschuss dazu statt. Aber: Die erste Fragerunde war noch nicht vorbei, als die Ministerin bereits vor die Medien trat, weil ihre Position augenscheinlich schon feststand: Bei der Frage nach der Beschaffung von bewaffneten unbemannten Flugkörpern ginge es nicht um autonome Killer-Drohnen, sondern um den Schutz der Soldaten. Einen Tag später erklärte sie, Drohnen nun für einzelne Kampfeinsätze leasen zu wollen. Mittelfristig solle zusammen mit anderen Staaten eine eigene europäische Kampfdrohne entwickelt werden.
Frau von der Leyen will die Öffentlichkeit überrumpeln, weil die Mehrheit der Bevölkerung diese Waffensysteme nicht will: Laut ARD-Deutschlandtrend von Anfang Juli sind 64 Prozent der Befragten gegen bewaffnungsfähige Drohnen für die Bundeswehr, nur 30 Prozent befürworten sie.
Kampfdrohnen sind nicht entwickelt worden, um die eigenen Soldaten zu schützen, wie Frau von der Leyen behauptet. Die Anschaffung von Kampfdrohnen ist ein entscheidender Schritt beim Umbau der Bundeswehr zur weltweit agierenden Interventionsarmee. Mit diesen Waffen will die Bundesregierung die Voraussetzungen schaffen, um Ziele außerhalb des unmittelbaren Operationsgebietes der Bundeswehrsoldaten angreifen zu können.
Die US-Armee hat vor rund zehn Jahren in Afghanistan das erste Mal Kampfdrohnen eingesetzt, um gegnerische Kräfte in abgelegenen Regionen zu töten - dort, wo nur wenige oder gar keine eigenen Truppen am Boden operieren.
Seitdem spielen diese Waffensysteme eine immer wichtigere Rolle in den Kriegen, die die US-Armee und ihre Verbündeten in Afghanistan, in Pakistan, im Jemen oder in Somalia führen. Es geht um eine Waffe in sogenannten asymmetrischen Kriegen, in denen Armeen nicht Armeen gegenüberstehen, sondern in denen sie Aufständische bekämpfen. Dies ist der Sinn hinter dieser Technologie.
Wenn die Bundesregierung die Bundeswehr mit Kampfdrohnen ausstattet, dann zieht sie Deutschland immer tiefer in solche asymmetrischen Kriege hinein.
Kampfdrohnen sind auch das Mittel der Wahl, um per Fernbedienung Menschen umzubringen, die die Geheimdienste der Drohnennationen auf Todeslisten gesetzt haben. Im sogenannten Krieg gegen den Terror dienen sie dazu, Raketenangriffe in Ländern durchzuführen, in denen die US-Armee selbst gar nicht präsent ist.
Die Bundesregierung sagt zwar: »Damit haben wir nichts zu tun«, doch ein von der »Bild«-Zeitung öffentlich gemachter Sachstandsbericht aus dem Verteidigungsministerium spricht eine andere Sprache. Darin werden Operationen außerhalb der Einsatzgebiete der Bundeswehr ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Wenn diese Linie weiterverfolgt wird, macht die Bundeswehr irgendwann nichts anderes als die US-Armee heute.
Durch den Begriff »gezielte Tötungen« wird der Mythos verbreitet, dass Kampfdrohnen präzise Waffen seien. Doch Kampfdrohnen können ihre Ziele gar nicht mit letzter Sicherheit identifizieren. Und zwischen Abschussbefehl und Einschlag liegt eine Zeitspanne von einigen Sekunden. Um bewegliche Ziele trotzdem zu vernichten, werden Raketen mit enormer Sprengkraft eingesetzt. Das führt zu einer hohen Zahl ziviler Toter. Wer Kampfdrohnen einsetzt, der nimmt den Tod Unschuldiger mit in Kauf.
Wohin führt der Einstieg in diese Technologie? Der Sachverständige und Physiker Marcel Dickow erklärte in der Anhörung des Verteidigungsausschusses, dass die Beschaffung von Kampfdrohnen zwangsläufig dazu führt, dass sich letztendlich Waffensysteme durchsetzen, in denen am Schluss nicht der Mensch, sondern Computer über Leben und Tod entscheiden. Denn im Rüstungswettlauf um immer wirksamere Drohnen läuft alles auf die ständige Verkürzung von Entscheidungs- und Übertragungszeiten hinaus.
Eine vollautomatische Kampfdrohne, die selbst entscheidet, ist schneller als ein Kampfdrohnenpilot am Joystick, dessen Signale über eine Entfernung von Tausenden Kilometern kommen. Mit der Anschaffung von Kampfdrohnen wird ein Prozess angeheizt, an dessen Ende Kampfroboter über Leben und Tod entscheiden.
Die SPD hatte sich im Wahlkampf gegen Kampfdrohnen ausgesprochen. Jetzt mehren sich die Stimmen in der SPD, doch Kampfdrohnen zu beschaffen.
DIE LINKE will keine gekauften, aber auch keine geleasten Kampfdrohnen. Wir wollen gar keine Kampfdrohnen. Sie bedeuten mehr Krieg, mehr Tote, mehr Unheil. DIE LINKE unterstützt den globalen Aktionstag gegen Kampf- und Überwachungsdrohnen, den die Friedensbewegung für den 4. Oktober organisiert. Sie greift eine Idee aus Afghanistan und Pakistan auf, wo die Bevölkerung Drachen steigen lässt, um gegen den Drohnenkrieg zu protestieren. Denn DIE LINKE will den Druck auf die Große Koalition erhöhen, damit die nicht in die Kampfdrohnentechnologie einsteigt.
Christine Buchholz, MdB, ist Mitglied im Geschäftsführenden Parteivorstand.