Disput

Klein, aber bemerkenswert!?

DIE LINKE in Bremen

Von Landessprecherin Cornelia Barth

Die Freie Hansestadt Bremen, so der offizielle Name unseres Bundeslandes, setzt sich aus den Städten Bremen und Bremerhaven zusammen. Dazwischen liegen ca. 50 Kilometer Niedersachsen. Bremen umfasst eine Fläche von 419 Quadratkilometern, 546.125 Einwohner/innen leben in Bremen und 113.529 in Bremerhaven. Die Wahlbeteiligung schwankt je nach Stadtteil zwischen unter 50 und über 80 Prozent.

Die Arbeitslosenquote beträgt 11,5 Prozent, setzt sich aber zusammen aus 10,4 Prozent in Bremen und 16,7 Prozent in Bremerhaven. Die Anzahl der ALG-II-Empfänger/innen schwankt je nach Stadtteil zwischen 1,9 und 35 Prozent in Bremen beziehungsweise zwischen vier und 43,4 Prozent in Bremerhaven. Während in reichen Stadtteilen zwei Prozent der Kinder in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften leben, sind es in den armen bis zu 60 Prozent. Die Berichte der Arbeitnehmerkammer weisen seit Jahren auf diese Spaltung der Stadt hin, ohne dass daraus ein ernsthaftes Handeln der verantwortlichen Politikerinnen und Politiker folgt. Dabei liegt Bremen an dritter Stelle bezüglich der Anzahl der Einkommensmillionäre (2004: 14,9 von 100.000 EinwohnerInnen), und die Gegensätze sind hier mehr als offensichtlich.

Gleich starke »Quellen«

Bremen ist der einzige Landesverband der LINKEN, der mit gleich starken Quellparteien (PDS und WASG) im Sommer 2007 in die Vereinigung gegangen ist. Es war daher keine einfache Aufgabe, bereits Anfang des Jahres 2007 einen gemeinsamen Wahlantritt zu bewerkstelligen. Letztendlich haben wir ihn erfolgreich gemeistert und konnten als Erste im Westen mit 8,4 Prozent und sieben Abgeordneten in den Landtag, mit drei Abgeordneten in die Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven und mit 23 VertreterInnen in 16 Beiräte einziehen. Wir konnten aufatmen, als Anfang 2008 die Wahlen auch in Niedersachsen, Hessen und Hamburg erfolgreich waren – so waren wir glücklicherweise nicht mehr die einzigen Parlamentarier im »Westen« und konnten die eine oder andere interne Auseinandersetzung in Bremen, unabhängig von der eventuellen Mediendarstellung, auch etwas gelassener angehen.

Unsere ehrenamtlich arbeitende Redaktion gestaltete eine hervorragende Website des Landesverbandes, die über aktuelles politisches Geschehen in Bremen berichtet und auch kontroverse Themen aufgreift (ein Besuch ist unbedingt zu empfehlen: www.dielinke-bremen.de). In der Bundestagswahl 2009 gelang uns erstmalig mit 14,28 Prozent ein Wahlergebnis über dem Bundesdurchschnitt – und so konnte unsere Spitzenkandidatin Agnes Alpers zur Bundestagsabgeordneten werden. Es war eingetreten, was wir nicht erwartet hatten – eine eigene Abgeordnete aus Bremen im Bundestag! Diese Tatsache erleichterte sicher »unserem« bisherigen Abgeordneten Axel Troost den vollständigen Wechsel nach Sachsen.

Zumindest ein zweistelliges Ergebnis würden wir gerne auch am 22. Mai 2011 bei der Bürgerschaftswahl erreichen, denn eine starke LINKE wird in Bremen benötigt. Seit 2007 regiert eine Koalition aus SPD und Grünen, dennoch ist es keineswegs zu einer grundlegenden politischen Veränderung gekommen. Es werden zwar andere Akzente als zu Zeiten der großen Koalition gesetzt, aber von einer Armutsbekämpfung ist diese Politik nach wie vor weit entfernt. 2009 wurde ein Armuts- und Reichtumsbericht für das Land Bremen erstellt, die daraus entwickelten Maßnahmen sind jedoch, mit Rücksicht auf die Bremer Haushaltslage, größtenteils kostenneutral, das heißt sie kommen über minimale und keineswegs ausreichende Verbesserungen nicht hinaus.

Das Ergebnis der »langen Januarnacht 2010« zur Veränderung in der Führungsstruktur unserer Bundesebene wurde von uns begrüßt. Durch einstimmigen Vorstandsbeschluss haben wir uns dann dazu entschieden, den Mitgliederentscheid über die zukünftige Struktur des geschäftsführenden Parteivorstandes zusammen mit sieben anderen Landesverbänden aus Ost und West zu initiieren. Nach wie vor bin ich überzeugt davon, dass wir die für uns richtige Führungsstruktur entwickelt haben, denn nur quotiert und breit aufgestellt können wir die vor uns liegenden Aufgaben bewältigen und unsere Pluralität selbstbewusst zu einer Stärke entwickeln. In Bremen haben wir uns in den letzten Jahren erfolgreich um eine Entwicklung in diese Richtung bemüht. Darüber haben sich manche Konflikte aufgelöst, andere sind aufgrund dessen neu entstanden und werden uns mindestens bis zur Verabschiedung des Programmentwurfes begleiten.

Unser Landesverband hat aktuell 616 Mitglieder und ist derzeit in vier Kreisverbänden organisiert. In zwei Kreisverbänden haben sich inzwischen Ortsverbände gegründet, um sich zusammen mit den BeiratsvertreterInnen entsprechend engagiert und speziell in die Stadtteilpolitik einmischen zu können. Dabei sind in unterschiedlicher Ausgestaltung immer wieder auch die Abgeordnetenbüros der Fraktion, die wir in Bremerhaven und drei Bremer Stadtteilen realisieren konnten, im Zentrum des Geschehens. Die Zusammenarbeit zwischen Partei und Fraktion gestaltete und gestaltet sich in Bremen dabei nicht immer einfach. Manche Wünsche und Ansprüche an die Fraktion wurden als unrealistisch und / oder unpraktikabel verabschiedet, an anderen Punkten gibt es sicher noch Verbesserungs- und Optimierungsmöglichkeiten.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Wir haben die Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Gruppen intensiviert und konnten dabei die Befürchtung, von der Partei vereinnahmt zu werden, minimieren. So entwickelte sich mit ganz unterschiedlichen Akteuren (Bremer Friedensforum, Gewerkschaften, Sozialberatungsstellen, Initiativen) eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die sicher auch noch weiter ausbaufähig ist. In der Überzeugung, dass sich die Politik weniger durch die Parlamente, sondern eher durch die Bewegung auf der Straße verändert, arbeiten wir kontinuierlich im Bremer Anti-Krisenbündnis mit. Dementsprechend haben wir auch zu den Bildungsstreikaktivitäten und zu den Demonstrationen gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, das Sparpaket und die Abwälzung der Krisenlasten mobilisiert.

Die Bürgerschaftswahl 2011 wirft schon seit Längerem ihre Schatten voraus und beschäftigt zumindest Teile unseres Landesverbandes in außerordentlicher Weise. Darüber ist sicher bei einigen die Beschäftigung mit dem bundesweiten Programmentwurf bis jetzt ein wenig zu kurz gekommen. Inzwischen haben die vom Parteitag beschlossenen Vorstellungsrunden der Kandidatinnen und Kandidaten stattgefunden, und der überwiegende Teil des ausführlichen und umfassenden Wahlprogramms ist bereits verabschiedet.

Mit aller Kraft gegen unsoziale Politik

Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Spaltung der Stadt sind in Bremen ohnehin enorm und nehmen weiter zu. Das Prinzip des »gedeckelten Budgets«, das sich in der Sozialpolitik und in der Gesundheitspolitik bereits verheerend ausgewirkt hat, wird von SPD und Grünen nunmehr zum Leitmotiv ihrer Landespolitik erhoben und führt dazu, dass die Regierungspartner nicht einmal ihre eigene Koalitionsvereinbarung umsetzen. Die Zustimmung zur Schuldenbremse und die Bereitschaft, bis 2020 jährlich immer weitere Kürzungen im oberen zweistelligen Millionenbereich zu planen, werden die ohnehin äußerst angespannte soziale Lage unverantwortlich eskalieren lassen. Armutsbekämpfung soll möglichst ehrenamtlich erfolgen. Die Benachteiligung von MigrantInnen, Armen und Kindern von NichtakademikerInnen in der Bildungspolitik ist skandalös und wird nicht offensiv bekämpft. Anstatt von sozialen und öffentlichen Bedarfen auszugehen, werden die Haushaltslage und die Schuldenbremse zu unantastbaren Götzen. Damit kann keine Armutsbekämpfung, sondern nur noch Armenbekämpfung stattfinden. Wir werden uns dieser Politik mit aller Kraft entgegenstellen und nicht zulassen, dass die unterschiedlichen Gruppen gegeneinander ausgespielt und stigmatisiert werden.

Die Bundestagswahl hat in Bremen bestätigt, dass DIE LINKE in neuer Weise als konsequente linke und soziale Kraft Anerkennung und Bestätigung findet. Wir haben bereits jetzt, auch durch die verlässliche Arbeit in den Beiräten und im Parlament, bei vielen eine akzeptierte Alleinstellung als konsequente Interessenvertretung. Aber wir wollen unsere Verankerung in den Stadtteilen, bei Beschäftigten, Erwerbslosen, sozial Benachteiligten, Initiativen und Bewegungen weiter steigern, um die Politik der LINKEN auf eine noch breitere Grundlage zu stellen.

Die Landespolitik in Bremen findet im Rahmen einer verfehlten Bundespolitik statt. Sie darf sich jedoch nicht auf diese herausreden, sondern muss landespolitische Ziele verfolgen, die sich auf Arbeit, Einkommen und Aneignung für die breite Bevölkerung und die sozial benachteiligten Gruppen richten. Bremen braucht eine gezielte Politik der Armutsbekämpfung auf Landesebene, die sich an den sozialen Bedarfen orientiert und materiell untersetzt ist. Dafür wollen wir mit den Menschen kämpfen, vor und nach der Wahl!