Für einen Aufbruch in der Mietenpolitik

DIE LINKE stellt sich einem wichtigen Thema: Wohnen und Mieten sind zu einer sozialen Frage bis weit in die Mitte der Gesellschaft geworden

Immer mehr Menschen wissen nicht mehr, wie sie die Miete bezahlen sollen. Einkommensschwache Familien mit Kindern finden inzwischen in den Innenstädten kaum noch geeignete und bezahlbare Wohnungen. Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung rutschen sie in vielen Großstädten aufgrund ihrer Miete sogar unter das Hartz IV-Niveau. Bei armen und armutsgefährdeten Haushalten steigt der Wohnkostenanteil laut dieser Studie auf 42 bis 52 Prozent. In vielen Städten wird es zu einem Problem, Wohnungen zu bekommen. Dies gilt längst nicht mehr nur für Studenten, Rentnerinnen und Geringverdiener, auch die breite Mittelschicht ist inzwischen vom Wohnungsmangel betroffen.

Der Deutsche Mieterbund stellt fest, dass wir geradewegs auf eine echte Wohnungsnot zusteuern. Das Wohnungsangebot bleibt schon jetzt hinter dem realen Bedarf zurück. Der Verband konstatiert aktuell einen kurzfristigen Fehlbedarf von 250.000 Wohnungen, vor allem in Großstädten, Ballungsräumen und Universitätsstädten. Da die Zahl der Haushalte immer stärker zunimmt, die Zahl der Neubauten aber auf einem historischen Tiefstand angekommen ist, wird das Problem immer größer. Der Mieterbund prognostiziert, dass bis zum Jahr 2025 rund eine Million Mietwohnungen fehlen werden.

Nachdem die Blasen auf den Finanzmärkten geplatzt sind, drängen die Investoren und Privatleute auf der Suche nach sicherer Finanzanlage bzw. Altersvorsorge auf den Immobilienmarkt. Man spricht mittlerweile vom "Betongold". Wohnungen werden z.B. in Berlin inzwischen wie Aktien gehandelt. Dadurch verändert sich das Gesicht vieler Städte. Einkommensschwache werden aus den Innenstädten verdrängt, es findet eine massive soziale Entmischung der Wohnquartiere statt.

Wohnen und Mieten sind zu einer sozialen Frage bis weit in die Mitte der Gesellschaft geworden. Wir rücken die Wohnungsfrage ins Zentrum unseres Wahlkampfs. DIE LINKE setzt sich für einen grundlegenden Kurswechsel in der Mietenpolitik ein. Dieser muss sich auf folgende Punkte konzentrieren:

1. Mietenexplosion stoppen

Zentraler Preistreiber ist der faktisch unbegrenzte Mietaufschlag bei Neuvermietung. In Großstädten wie Frankfurt, Hamburg oder München sind zwischen 2007 und 2012 durchschnittliche Mietsteigerungen bei Neuvermietungen zwischen 20 und 31 Prozent Realität. Auch der Osten Deutschlands ist zunehmend betroffen. In Dresden betrug die Mietsteigerung bei Neuvermietung 18 Prozent.

Der Mietaufschlag bei Neuvermietungen treibt aber alle Mieten nach oben, da der Mietspiegel sich nach den Neuvermietungen der letzten vier Jahre richtet. So verzeichnen die genannten Städte Frankfurt, München und Hamburg eine Steigerung der Bestandsmieten zwischen 19 und 26 Prozent. Trauriger Spitzenreiter aber ist Dresden mit einer Steigerung der Bestandsmieten von sage und schreibe 32 Prozent.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich viele Mieterinnen und Mieter ihre Wohnung nach Modernisierung und energetischer Sanierung nicht mehr leisten können. Die Preisspirale auf dem Wohnungsmarkt muss gestoppt werden. DIE LINKE tritt für eine soziale Politik für Mieterinnen und Mieter ein!

Deshalb:

  1. Keine Mieterhöhung bei Neu- oder Wiedervermietung ohne Wohnwertverbesserung.
  2. Kommunen müssen das Recht erhalten, auf der Grundlage der neuen Mietspiegel Höchstmieten einzuführen.
  3. Mieterhöhungen ohne Wohnwertverbesserungen oberhalb der Inflationsrate sind unzulässig. Auch bei Modernisierungen müssen die Mieterinnen und Mietern besser geschützt werden.

2. Soziale Politik für Mieterinnen und Mieter

Die drastischen Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt treffen besonders Menschen mit geringen Einkommen oder Empfänger/-innen von staatlichen Transferleistungen. Sie sind besonders betroffen von explodierenden Wohnkosten. Für sie müssen die steigenden Kosten berücksichtigt und endlich Anpassungen beim Wohngeld bzw. den Kosten der Unterkunft vorgenommen werden. Mieterinnen und Mieter dürfen nicht aus ihrem Wohnumfeld verdrängt werden.

Vor diesem Hintergrund ist es absurd, dass die Bundesregierung den Heizkostenzuschuss beim Wohngeld gestrichen hat. Geradezu peinlich ist es, dass angesichts der rasanten Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt die Ausgaben für das Wohngeld sinken.

Deshalb:

  1. Das Wohngeld muss dringend erhöht werden. Als Sofortmaßnahme fordern wir eine pauschale Erhöhung um mindestens 10 Prozent. Im weiteren Verlauf wollen wir das Wohngeld individualisieren und auf die Bruttowarmmiete beziehen.
  2. Die Heizkosten müssen wieder im Wohngeld enthalten sein.
  3. Nach dem Motto "Wer bestellt, bezahlt!" sollen Maklergebühren vom Vermieter bezahlt werden!
  4. Niemand darf in Folge eines Eigentümerwechsels oder aufgrund von Umbaumaßnahmen aus seiner Wohnumwelt vertrieben werden. Es darf keine Zwangsräumungen geben. Das Recht auf Eigenbedarfskündigungen muss eingeschränkt, der Kündigungsschutz für betroffene Mieterinnen und Mieter ausgebaut werden.

3. Neustart im Sozialen Wohnungsbau

Der Kahlschlag im Sozialen Wohnungsbau in Deutschland ist flächendeckend. Wie mir die Bundesregierung auf Anfrage bestätigte, wurde in den vergangenen 10 Jahren jede dritte Sozialwohnung weggestrichen. Allein in 2011 schrumpfte der Bestand um 57.000 Wohneinheiten. Den nun noch knapp 1,6 Millionen Sozialwohnungen stehen sechs Millionen Anspruchsberechtigten gegenüber. Der Mieterbund warnt: wenn es so weitergeht, sind Sozialwohnungen in 2020 Geschichte. Selbst Minister Ramsauer fordert jetzt mehr Sozialen Wohnungsbau. Das ist angesichts der Tatsache, dass sich der Bund aus der Verantwortung gezogen hat und die Privatisierung von Wohnungen weiter vorantreibt, geradezu lächerlich.

DIE LINKE fordert einen kompletten Neustart des Sozialen Wohnungsbaus. Dies bedeutet neben einer Offensive für den Sozialen Wohnungsbau einen konsequenten Bruch mit den bisherigen Fördermodalitäten.

Neustart für den Sozialen Wohnungsbau

Um den eklatanten Mangel an Wohnungen, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen zu beheben, brauchen wir eine neue Investition in den Sozialen Wohnungsbau als gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern. Jährlich sollen 150.000 neue Wohnungen entstehen.

Der Soziale Wohnungsbau in neuer Gestalt kann nur dann die Fehler der Vergangenheit vermeiden, wenn seine Finanzierung auf eine neue Grundlage gestellt wird. Die Abhängigkeit vom privaten Kapitalmarkt muss beendet werden.

Der Soziale Wohnungsbau hat nicht zuletzt deshalb ein schlechtes Image, weil er mit der Bereicherung privater Banken, der Selbstbedienung von Verbandsfunktionären und Politiker/-innen, sowie mit Steuerflucht über Abschreibungsmodelle in Verbindung gebracht wird. Diese Misswirtschaft muss der Vergangenheit angehören.

Ein weiteres großes Problem ist, dass bei öffentlich geförderten Wohnungen die Deckelung der Mietpreise nur für einen befristeten Zeitraum gilt, da die Länder die sogenannte Mietpreisbindung aufheben. Dadurch fallen jährlich Sozialwohnungen in großem Umfang weg.

Die Folgen dieses Desasters sind bekannt. Verschwendung von Steuergeldern in Mrd.-Höhe und Mieten, die über dem Mietspiegel liegen.

Politik und Fachwelt behaupten heute, Sozialer Wohnungsbau sei zu teuer, weil unter neun Euro netto kalt nicht machbar. Das Gegenteil kann in Österreich landesweit besichtigt werden. Moderner, bezahlbarer Sozialer Wohnungsbau ist machbar. In Salzburg kostet die Kaltmiete des "Salzburger Wohnbaufonds" 4,78 Euro/qm!

Auch bei uns gäbe es Alternativen:

  • Neubau von mindestens 150.000 Sozialwohnungen im Jahr.
  • Revolvierende Finanzierung durch einen Wohnungsbaufond, sprich: Die Darlehen für den Sozialen Wohnungsbau werden statt an private Banken an einen öffentlichen Wohnungsbaufonds zurückgezahlt.
  • DIE LINKE tritt für die Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit von öffentlichem Wohnungsbau ein. Das würde neben der Zins- auch zu Steuerentlastung führen und die Wohnungsgesellschaften zum Agieren im öffentlichen Interesse verpflichten.

4. Spekulation bekämpfen

In einigen Großstadt-Vierteln hat sich die Bevölkerung bereits fast vollständig ausgewechselt. Berlin-Prenzlauer Berg ist ein prominentes Beispiel. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, weil sich die Investoren hier bessere Renditechancen erhoffen. In Berlin ist zum Beispiel der Anteil der Eigentumswohnungen am Neubau seit 1991 von 2,4 auf 35 % angestiegen. Die Zahl der Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen ist innerhalb eines Jahres von 2011 auf 2012 um 53% angestiegen.

Hinzu kommt die Problematik des Wohnungsleerstandes. In Berlin sind zum Beispiel 133.000 Wohnungen unbewohnt. Davon stehen fast 100.000 schon über sechs Monate leer. Sie stehen dem überaus angespannten Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung.

Es kann nicht sein, dass die Gier der Finanzmärkte sich nun auf den Wohnungsmarkt ausbreitet. DIE LINKE will diese Entwicklung stoppen und die Spekulation mit Wohnraum eindämmen:

  • Die Steuerfreiheit bei Wohnungsverkauf 10 Jahre nach Erwerb ist abzuschaffen, der Weiterverkauf einer Wohnung zu spekulativen Zwecken innerhalb einer bestimmten Frist nach Erwerb muss ausgesetzt werden.
  • In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt muss die Genehmigungspflicht für Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ausgebaut werden. Dazu muss das Instrument, "Milieuschutzgebiete" auszuweisen deutlich offensiver eingesetzt werden.
  • Spekulativer Leerstand muss verboten werden. Die Rechtsmittel zur Durchsetzung von Zweckentfremdungsverbots-Verordnungen müssen verschärft werden.
  • Für Wohnungsbestände, die mit öffentlichen Mitteln gebaut worden sind, sollen die Kommunen ein gesetzlich geregeltes Vorkaufsrecht erhalten.