3. Tagung der 17. Bundeskonferenz

Wir müssen dazu Position beziehen

Diskussionsbeitrag von Jürgen Traut, Landessprecher der KPF Thüringen

Ich war am 11. Oktober 1949 in Berlin dabei, als die Jugend der DDR den an diesem Tag gewählten Präsidenten Wilhelm Pieck begrüßte. Wir, die damalige junge Generation, schworen der DDR die Treue. Daran habe ich mich gehalten. Ein Verbiegen gibt es für mich nicht.

Wir haben seit dem Wahltag am 14. September und dem Ergebnis von 28,2% für die LINKE eine Vielzahl von Debatten hinter uns und sicher noch viele vor uns. Dabei ging es zuerst um das erklärte Ziel des Thüringer Landtagswahlkampfes, die Macht der CDU nach 24 Jahren zu brechen. Es war ein Wahlkampf, der auf eine Koalitionsregierung mit einem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ausgerichtet war. Wir haben uns als KPF vielfältig an diesen Wahlkämpfen beteiligt, z. B. auch mit einer Landesversammlung unter dem Thema »Zwei Jahrzehnte CDU-Herrschaft in Thüringen sind genug - es reicht.«

Zum Wahlergebnis: Bei geringer Wahlbeteiligung war die Alternative: Entweder eine Fortsetzung der Koalition von CDU und SPD unter eventueller Einbindung der Grünen oder eine rot-rot-grüne Koalition unter Bodo Ramelow mit jeweils einer Stimme Mehrheit. Letztere kam am 5. Dezember zustande, anders als 2009.

2009 scheiterte ein rot-rot-grünes Bündnis an der SPD, die nicht unter einem LINKEN-Ministerpräsidenten eine Regierung bilden wollte. Schon seinerzeit hatte man in einem vorrangig von den Grünen verfassten Papier von der Thüringer LINKEN verlangt, die DDR als Unrechtsstaat zu denunzieren.

Wir haben diesem Papier vom 30. September 2009 weiter keine Bedeutung beigemessen, da eine schwarz-rote Koalition zustande kam. Ein Fehler, wie sich nunmehr im Jahr 2014 herausgestellt hat, auch unser Fehler. Wir hätten spätestens mit dem Beginn des Landtagswahlkampfes und der Formulierung des Wahlkampfzieles die Geschichtsdebatte anstoßen müssen, zumal es dazu inhaltlich genügend Ansatzpunkte gegeben hätte.

Mit der Veröffentlichung der Anlage 1 zum Protokoll des 2. Sondierungsgespräches vom 23. September begann die eigentliche Debatte um die Geschichte der DDR. Ihr alle kennt die entsprechenden Formulierungen, sei es die vom Unrechtsstaat, sei es, in anderem Rahmen, der MfS/Gestapo-Vergleich oder die Bezeichnung der im DDR-Apparat Tätigen als kleine und größere Arschlöcher. Hinzu kommt noch die in der oben genannten Protokollnotiz getroffene Feststellung: »Wir verständigen uns darauf, nicht mit Organisationen die das DDR Unrecht relativieren zusammenzuarbeiten.«

Wir haben als KPF in Thüringen in enger Zusammenarbeit mit dem Bundessprecherrat der KPF dazu gemeinsame Stellungnahmen veröffentlicht. Für diese enge und kameradschaftliche Zusammenarbeit möchte ich mich bedanken.

In einer KPF-Landesversammlung haben wir uns die Positionen der Thüringer LINKEN-Landesvorsitzenden zum Koalitionsvertrag erläutern lassen, und gemeinsam mit Ekkehard Lieberam über den in der Staatswissenschaft nicht vorhandenen Terminus »Unrechtsstaat« mit Genossin Hennig-Wellsow sehr kontrovers diskutiert.

Sowohl auf der Landesbasiskonferenz am 27. September, den zwei Landesparteitagen als auch auf den drei Regionalkonferenzen - den Mitgliedern wurden dort nur die Eckpunkte und nicht die Präambel zum Koalitionsvertrag übergeben - haben wir jeweils unsere Zustimmung zur Präambel des Koalitionsvertrages verweigert. In all diesen Diskussionen wurden vielfach die Positionen der KPF geteilt. In vielfacher Weise haben uns Genossinnen und Genossen ihre Sympathie und Unterstützung für unsere Positionen zum Ausdruck gebracht.

Zugleich haben wir es mit dem Ergebnis des Mitgliederentscheides zu tun. An ihm nahmen 78.8% der Mitglieder teil. 94,0% der abgegebenen Stimmen waren für diesen Koalitionsvertrag. Nur 4,2% der Mitglieder stimmten mit NEIN und 1,8% der Mitglieder enthielten sich der Stimme. 99,4% der Stimmen waren gültig. - Es ist die Stimmungslage, die sich in diesem Ergebnis widerspiegelt. Nach 24 Jahren Opposition unter CDU-geführten Regierungen in Thüringen auch eine verständliche Reaktion der Mitglieder. Ich teile die im Bericht des Bundessprecherrates zu diesem Widerspruch vorgenommene Einschätzung.

Ansonsten macht Bodo Ramelow auch als Ministerpräsident in puncto Geschichte weiter wie bisher. Schlimmer gar, wie in der BILD am Sonntag nachzulesen ist. Wir müssen dazu Position beziehen.

Wir müssen die Geschichtsdebatte mit dem Blick auf den 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus führen; dazu gehört für uns in Thüringen auch die Selbstbefreiung der Häftlinge des KZ Buchenwald im April 1945 und der 25. Jahrestag des Beitritts der Länder der DDR zum Grundgesetz der BRD.

Wir müssen unsere Möglichkeiten als anerkannte Landesarbeitsgemeinschaft im Landesverband DIE LINKE.Thüringen nutzen, diese Koalitionsregierung, insbesondere das Handeln des Ministerpräsidenten, der Minister und Staatssekretäre der Regierung kritisch zu begleiten. Wir werden dazu als Landessprecherrat eine entsprechende Erklärung abgeben.

Letzte Bemerkung: Der Umgang mit der Geschichte der DDR ist nicht nur eine Thüringer Angelegenheit. Blicken wir auf die Erklärung der Parteivorsitzenden und des Fraktionsvorsitzenden vom 8. November und in den Beschluss des Parteivorstandes vom 29./30. November, so finden wir ähnliches wieder. Gut, dass es ein Minderheitenvotum zum PV-Beschluss gibt. Es bleibt dabei: Geschichtsfälschende Äußerungen des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow werden wir auch in Zukunft nicht hinnehmen. Wir brauchen auch die Debatte über die Rolle von Landesregierungen, insbesondere mit einem Ministerpräsidenten der LINKEN, in der kapitalistischen Gesellschaft BRD.

Die Verantwortung von Kommunistinnen und Kommunisten in der Partei DIE LINKE ist groß!